Allergisch bedingte Dermatosen
Allergisch bedingte Dermatosen
Allg: Allergische Reaktionen sind nicht angeboren, sondern durch Sensibilisierung erworben, d. h. nach mehrmaliger Allergenexposition und Präsentation des Allergens durch Makrophagen (z. B. Langerhans-Zellen in der Haut) gegenüber Lymphozyten. Durch zelluläre Interaktion und durch Vermittlung von Zytokinen kommt es zur Aktivierung und Differenzierung immunkompetenter Zellen (z. B. T8-Effektorzellen oder B-Lymphozyten mit Ak-Produktion). Nicht nur die Sensibilisierung, sondern auch die Toleranz gegen Antigene (z. B. körpereigene) ist eine aktive Leistung des Immunsystems. Aus einer Insuffizienz des Immunsystems können z. B. Autoimmunkrankheiten resultieren.
Histr: Der Begriff "Allergie" wurde 1906 von dem Wiener Pädiater Clemens v. Pirquet (1874-1929) geprägt, um "schädliche Immunität" von nützlicher abzugrenzen.
Etlg: Allergien nach Coombs und Gell (1963)
- Typ I:
Def: allergische Soforttypreaktion wenige Sekunden bis Minuten nach Antigenexposition
Bsp: Urtikaria, Quincke-Ödem, Rhinoconjunctivitis allergica, exogen allergisches Asthma bronchiale, anaphylaktischer Schock
PPh: Im Vordergrund steht die rasche, IgE-vermittelte Freisetzung von Entzündungsmediatoren der Mastzelle durch IgE-Fc-Rezeptoren. Durch Wechselwirkung dieser Entzündungsmediatoren mit anderen Peptidreaktionskaskaden im Serum, insbes. dem Komplementsystem, dem Kinin-Bradykinin-System und dem Fibrinolyse-Gerinnungs-System, entsteht eine nach ca. 6 h auftretende Spätphasenreaktion, die Grundlage verzögert auftretender Asthma-, Urtikaria- und Neurodermitisreaktionen ist. Die Frühphase der Histaminausschüttung ist vor allem durch Mastzellen vermittelt, die Spätphase durch Basophile. Möglicherweise sind auch Neutrophile als antigenpräsentierende Zellen in der Spätphasenreaktion beteiligt.
Lit: J Allergy Clin Immunol. 2018 Jun 16. pii: S0091-6749(18)30858-3. http://doi.org/10.1016/j.jaci.2018.06.005
- Typ II:
Def: humoral vermittelte, verzögert-allergische zytotoxische Reaktion ca. 6-12 h nach Antigenexposition
Bsp: Pemphigus, hämolytische Anämie, idiopathische thrombozytopenische Purpura, evtl. auch andere Autoimmunkrankheiten
PPh: Antikörper binden an Zellmembranen, aktivieren das Komplementsystem, und es kommt zur Lyse der entsprechenden Zelle.
- Typ III:
Def: humoral vermittelte, verzögert-allergische Immunkomplexreaktion ca. 6-12 h nach Antigenexposition
Bsp: Vaskulitiden, Serumkrankheit (v. a. bei Arzneimittelreaktionen), exogen allergische Alveolitis (z. B. Farmerlunge gegen termophile Aktinomyzeten oder Vogelzüchterlunge oder Sägearbeiterlunge)
PPh: Bildung von Immunkomplexen aus Antikörpern (IgG und IgM) und Antigen mit nachfolgender Aktivierung des Komplementsystems
Di: Elek-Ouchterlony-Präzipitationstest: Nachweis von Ak gegen Fremdprotein (Diffusion von Patientenserum gegen zwei Antigenquellen, positiv bei Bildung einer Präzipitationslinie)
- Typ IV:
Def: T-lymphozytäre, allergische Spätreaktion ca. 24 h bis mehrere Tage nach Antigenexposition
Bsp: allergische Kontaktdermatitis = allergisches Kontaktekzem, Arzneimittelexanthem, Tuberkulinreaktion, Skabiesexanthem, Hashimoto-Thyreoiditis, Transplantatabstoßung, chronische Läsionen bei Autoimmunkrankheiten, Heparin-Allergie (Lokalreaktionen)
- Typ V:
Def: Hypersensitivitätsgranulome als zellvermittelte Immunreaktion mit verstärkter Makrophagenantwort
Note: Die Klassifikation als Typ-V-Reaktion bleibt abzuwarten.
Pg: Auslöser von Hypersensitivitätsgranulomen können sein: Fremdkörper (z. B. chirurgisches Nahtmaterial), Silicium, Talkum, Zirkonium, Beryllium, Aluminiumhydroxid (mit adsorbierten Allergenen im Rahmen der Hyposensibilisierung), Mineralöl, injiziertes Kollagen, Pilze, Parasiten (z. B. Leishmanien, Schistosomeneier), granulomatöse Mykobakteriosen, Kveim-Test bei Sarkoidose (intrakutane Injektion von sarkoidalem Gewebe, insbes. Milzgewebe)