Bejel, endemische Syphilis

Zuletzt geändert von Thomas Brinkmeier am 2025/10/27 09:52

Bejel, endemische Syphilis

Syn: Bejel, endemische Syphilis, nicht-venerische Treponematose, endemische Lues

Engl: Endemic syphilis, Bejel, endemic treponematosis, nonvenereal syphilis bejel, endemic treponematosis bejel

Def: Chronisch verlaufende, nicht-venerische Infektionskrankheit durch Treponema pallidum subsp. endemicum, klinisch und serologisch der Syphilis ähnlich, jedoch ohne sexuelle Übertragung

Err: Treponema pallidum subsp. endemicum

Histr: Bejel wurde in den 1920er-Jahren im Nahen Osten als eigenständige Erkrankung beschrieben. Die Ätiologie durch Treponema pallidum subsp. endemicum wurde durch molekulare Analysen bestätigt. Heute wird Bejel als eine der endemischen Treponematosen neben Yaws und Pinta geführt (WHO).

Vork: Endemisch in ariden und semiariden Regionen Nordafrikas, des Nahen Ostens und in Teilen der arabischen Halbinsel. Hauptsächlich Kinder im Alter von 2-15 Jahren betroffen. Übertragung durch engen nichtsexuellen Kontakt, z. B. gemeinsames Trinken oder Benutzen von Essutensilien.

Inf: Übertragung durch engen nichtsexuellen Kontakt, z. B. gemeinsames Trinken oder Benutzen von Essutensilien, keine vertikale Transmission

Ät: Infektion durch direkten Kontakt mit infektiösen Schleimhautläsionen oder kontaminierten Gegenständen. Eintrittspforte sind meist kleine Läsionen in der Mund- oder Rachenschleimhaut

Pg: Primär lokale Inokulation, anschließend hämatogene Dissemination der Treponemen. Sekundär generalisierte Haut- und Schleimhautläsionen, später granulomatöse Entzündung mit gummatöser Gewebszerstörung (ähnlich Lues tertiaria), jedoch ohne kardiovaskuläre oder neurologische Beteiligung

Verl: Primärstadium: Schleimhauterosionen im Mund‑/Rachenbereich, keine genitalen Ulzera
 Sekundärstadium: makulo‑papulöse, teils pustulöse Exantheme, v. a. an Stamm und Extremitäten, orale und nasale Läsionen (Mucous patches).
 Tertiärstadium: gummatöse Ulzera, Knochendeformierungen (Periostitis, Osteitis), Sattelnase, Kieferanomalien

KL: Kinder: schmerzlose Schleimhauterosionen, später generalisierte Hautausschläge und muköse Läsionen, gelegentlich lymphadenopathisch. In Spätstadien: Knochen- und Weichteildeformationen, Gummen, Nasen- und Gaumendefekte. Kein genitaler Primäraffekt

Lok: Mund- und Nasenschleimhaut, Gesicht, Stamm, Extremitäten, Knochen (v. a. Tibia, Nasenseptum)

Di: Klinische Diagnose bei endemischem Vorkommen und typischem Altersprofil. Serologische Tests (VDRL, TPHA, FTA-ABS) positiv, identisch zur Syphilis. PCR oder molekulargenetischer Nachweis von Treponema pallidum subsp. endemicum zur Differenzierung

Lab: Serologische Tests positiv (VDRL, TPHA, FTA‑ABS); PCR zur Subspeziesdifferenzierung möglich; Dunkelfeldmikroskopie oder Silberfärbung aus Schleimhautläsionen.

Hi: Unspezifisch: chronisch-granulomatöse Entzündung mit Plasmazellen, Lymphozyten und histiozytärem Infiltrat, Endarteriitis obliterans, Gummen in Spätstadien

Ass: Ko‑Infektionen mit bakteriellen Sekundärkeimen bei Ulzera möglich; keine systemischen Begleiterkrankungen

DD: Lues II (venerische Syphilis), Yaws (Frambösie), Pinta, Lepra, tropische Ulzera, ulzerierende Stomatitis, chronische Mykosen

Prog: Günstig bei frühzeitiger antibiotischer Behandlung; unbehandelt Gefahr tertiärer Knochendeformationen, keine neurologische oder kardiovaskuläre Beteiligung

Prop: Verbesserung der Hygiene, Frühdiagnose und Behandlung, Aufklärung und Therapie aller engen Kontaktpersonen, WHO-Programme zur Eradikation der endemischen Treponematosen

Th: Einmalige i.m.-Injektion von Benzathin-Penicillin G: Kinder <10 J. 1,2 Mio. IE, Erwachsene 2,4 Mio. IE; alternativ Doxycyclin 100 mg 2x/Tag für 14 Tage bei Penicillinallergie; Behandlung aller Kontaktpersonen erforderlich

  

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