Chloroquin/Hydroxychloroquin
Chloroquin/Hydroxychloroquin
Histr: Synthese erstmals durch Andersag im Jahre 1934 als Alternative zum Chinin in der Prophylaxe und Therapie der Malaria
Def: Malariamittel
Wirk: Hemmung lysosomaler Proteasen in Plasmodien
Folg: Akkumulation toxischen Häms
Allg: - Chloroquin und Hydroxychloroquin zeigen keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich Wirkmechanismen, Nebenwirkungen und Pharmakokinetik.
- Einige Autoren postulieren Vorteile von Hydroxychloroquin bezüglich Nebenwirkungen (okuläre Toxizität) und Einsatz in der Schwangerschaft, obwohl die Wirkung möglicherweise etwas geringer als von Chloroquin ist.
Eig: - vorwiegend renale Elimination
Folg: Akkumulation bei Niereninsuffizienz
- hohe Affinität zu Melanin
Folg: Akkumulation in Iris, Chorioidea und Innenohr
- keine Speicherung im Fettgewebe
Folg: Dosisberechnung nach dem Körperidealgewicht
Appl: Einnahme zu einer fett- und proteinreichen Mahlzeit fördert die Resorption
Dos: - Standarddosierungen sind 250 mg/Tag für Chloroquin und max. 400 mg/Tag für Hydroxychloroquin
CV: Diese Dosierungen sind jedoch bei einer Vielzahl von Pat. zu hoch.
- Wichtig ist neben indikationsspezifischen Dosisempfehlungen (s. unten) die Beachtung der individuellen, dem Idealkörpergewicht angepassten Maximaldosis:
Etlg: - Chloroquin: max. 3,4 bis 4,0 mg/kg Ideal-KG/Tag
- Hydroxychloroquin: max. 5,0 mg/kg Ideal-KG/Tag
- Das Ideal-KG berechnet sich folgendermaßen:
Etlg: - Männer: Ideal-KG = (Körpergröße in cm minus 100) minus 10%
- Frauen: Ideal-KG = (Körpergröße in cm minus 100) minus 15%
Merk: Eine tgl. Einnahme von 250 mg Chloroquin oder 400 mg Hydroxychloroquin führt bei einem Idealgewicht bzw. tatsächlichen Körpergewicht von weniger als 64 kg zur Überdosierung (mit entsprechendem Risiko einer Retinopathie). Deshalb ist Vorsicht bei leichtgewichtigen (< 64 kg) und kleinen adipösen Pat. geboten.
Wirk: - Hydroxychloroquin zeigt ein Ansprechen nach etwa 6 Wochen; die max. Effektivität wird allerdings erst nach 4 Monaten erreicht. Hydroxychloroquin soll auch antineoplastische und kardioprotektive Effekte entfalten.
- Chloroquin zeigt ein Ansprechen nach 3-4 Wochen
Co: Quinacrin/Monatepacrin
Def: weiteres Antimalariamittel
Wirk: verstärkt durch gleichzeitige Gabe von Chloroquin oder Hydroxychloroquin
Pos: keine okuläre Toxizität
Ind: - Lupus erythematodes
Wirk: - Hemmung der Bindung zwischen Antigen und MHC-Komplex im Rahmen der Antigenprozessierung in den Lysosomen humaner Leukoyzten
Folg: Abnahme der T-Zell-Stimulation, Antikörperproduktion und Th2-Zytokine
- Hemmung der UV-induzierten Aktivierung von Transkriptionsfaktoren
- Hemmung der Thrombozytenaggregation
Ind: prophylaktische Gabe insbes. bei Nachweis von Antiphospholipid-Ak
Dos: 250 mg/Tag (Chloroquin) über einige Monate
Note: - therapeutische Plasmakonzentrationen werden bei tgl. Einnahme dieser Dosis erst nach ca. 3 Wochen erreicht
- deutlich erniedrigte Ansprechrate bei LE-Pat., die rauchen
Lit: J Am Acad Dermatol 2000; 42: 983-7
- Porphyria cutanea tarda
Wirk: Solubilisierung der hepatischen Porphyrindepots (Uroporphyrinkristalle) durch Bildung von Komplexen, die renal eliminiert werden
Dos: 2x/Woche 125 mg (niedrig dosiert)
- Sarkoidose
Wirk: Hemmung der Hydroxylierung von Vitamin D-Vorstufen zu 1,25-Dihydroxy-D3
- Polymorphe Lichtdermatose
- weitere Indikationen: Lichturtikaria, Muzinosen, Dermatomyositis, Lichen ruber, Malaria, extraintestinale Amöbiasis, rheumatoide Arthritis
SS: - Chloroquin
Allg: kontroverse Berichte über das teratogene Risikopotential
Kopl: Hörverlust, Erblindung, Missbildung, Aborte
- Hydroxychloroquin
SS: Hydroxychloroquin scheint bei Schwangeren mit LE keine Missbildungen des Föten auszulösen
Lit: Lupus 2001; 10: 401-4
KI: - Retinopathie oder Gesichtsfeldeinschränkungen
- Psoriasis
Note: Zusammenhang umstritten
- hämatologische Erkrankungen oder Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel
- Schwangerschaft und Stillzeit (zumindest KI für Chloroquin)
Aus: Malaria
- Hepatopathie und/oder Niereninsuffizienz
Folg: Dosisanpassung
- gleichzeitige Applikation von Chloroquin und Hydroxychloroquin
Erkl: erhöhte Inzidenz der Retinopathie
Lit: Dermatol Online J 2001; 7: 2
NW: - kutane NW
- Exazerbation einer Psoriasis
- Hyperpigmentierung, medikamentös bedingt
Urs: hohe Affinität von Chloroquin zu Melanin
KL: - gelbgraue, prätibiale Makeln
- diffuse Hyperpigmentierung im Gesicht
- Nagelhyperpigmentierung
- Hyperpigmentierung im Übergangsbereich vom harten zum weichen Gaumen
Prog: Remission nach 1-2 Jahren
Lit: Dermatol Pract Concept. 2023 Oct 1;13(4):e2023235. http://doi.org/10.5826/dpc.1304a235
- Hypopigmentierung blonder, roter oder hellbrauner Haare
Urs: Chloroquin hemmt die für die helle Haarfarbe relevante Phaeomelaninsynthese, nicht aber die Eumelaninsynthese
KL: Weißfärbung der Haare
Vork: selten
Prog: häufig Repigmentierung bei Reduktion der Tagesdosis
- Exantheme
- Photosensibilität (photoallergische und phototoxische Reaktionen)
KL: Verschlechterung einer Lichtdermatose (wie LE) unter Chloroquin
- Pruritus
- ophthalmologische NW
- irreversible Retinopathie
CV: Die Retinopathie hängt nicht von der Therapiedauer oder der kumulativen Gesamtdosis ab, sondern von Überschreitung der vom Idealkörpergewicht abhängigen max. Tagesdosis.
Di: - Fundoskopie
Bef: - knochenkörperchenartige Pigmentverklumpungen
- wachsgelbe Optikusatrophie
- Makulaödem
- Arteriolenverengung
- Gesichtsfeldprüfung
- Farbsinnprüfung
- Amsler-Grid-Test (Sehtafeln zur Selbstkontrolle)
KL: zentraler Gesichtsfeldausfall mit folgenden möglichen Symptomen: Flimmerskotome, Nachtblindheit, "Übersehen" von Wörtern beim Lesen, Erkennungsschwierigkeiten bekannter Gesichter
Vork: - zwischen 0,001 und 40% in Abhängigkeit von den definitorischen Kriterien
- Unter Hydroxychloroquin weist die Retinopathie bei einer Standarddosis nach 5 Jahren eine geschätzte Prävalenz von 7,5% auf.
Lit: Australas J Dermatol. 2019 Oct 15. http://doi.org/10.1111/ajd.13168
Man: meist erst 9 Monate nach Therapiebeginn
Prop: Augenarzt-Check vor Therapiebeginn und danach ca. alle 6 Monate
Note: Bei Beachtung der körpergewichtsabhängigen Tageshöchtsdosen und Verordnung von Hydroxychloroquin soll dies entbehrlich sein. Hier wire eine augenärztliche Grunduntersuchung, gefolgt von einem jährlichen Screening nach 5 Jahren, empfohlen. Bei bestehender Retinopathie, einer kumulativen Dosis von > 1000 g oder einer Nierenfunktionsstörung sollte jedoch eine genauere Überwachung in Betracht gezogen werden.
- korneale Ablagerungen
Bed: eher unbedenklich und keine Indikation für einen Therapieabbruch
- Akkommodationsstörungen
Pg: Störung der Ziliarmuskulatur
KL: verschwommenes Sehen
Bed: eher unbedenklich und keine Indikation für einen Therapieabbruch
Prog: meist Spontanremission auch bei Fortsetzen der Therapie
- Ototoxizität
Vork: selten
KL: - Tinnitus oder Schwindel
- Hörverlust
- weitere NW
- unspezfische gastrointestinale NW
KL: Nausea, Meteorismus, Tenesmen, Diarrhoe
- Myelodepression
Vork: selten
Risk: Mangel am Enzym Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase
- Myopathie
Vork: selten
- ZNS-Symptome
Vork: rel. selten
Note: - keine nachgewiesene Hepatotoxizität beim Menschen (aber bei der Ratte)
- Hemmung der Thrombozytenaggregation (ohne Verlängerung der Blutungszeit)
Bed: positiver bzw. gewünschter Nebeneffekt (insbes. bei SLE)
- Verstärkung der Insulinwirkung
Bed: positiver bzw. gewünschter Nebeneffekt
CV: - Ausschluss eines Glucose-6-phosphat-Deyhdrogenasemangels vor Therapiebeginn
Note: entbehrlich bei Hydroxychloroquin
Lit: Australas J Dermatol. 2019 Oct 15. http://doi.org/10.1111/ajd.13168
- regelmäßige halbjährliche fachärztliche Augenuntersuchung unter Chloroquin
- Lichtschutz für die Haut (und möglichst auch Sonnenbrille)
- Nikotinkarenz
- Aufkärung über die hohe Toxizität der Substanz und besondere Aufbewahrungpflicht
Note: Dosen von ca. 750 mg (3 Tbl.) können bei Kleinkindern bereits tödlich sein
WW: Tamoxifen, Aurothioglukose, Cyclosporin A, Penicillamin bedingen erhöhte NW