Chloroquin/Hydroxychloroquin

Zuletzt geändert von Thomas Brinkmeier am 2024/01/03 22:40

Chloroquin/Hydroxychloroquin

Histr: Synthese erstmals durch Andersag im Jahre 1934 als Alternative zum Chinin in der Prophylaxe und Therapie der Malaria

Def: Malariamittel

Wirk: Hemmung lysosomaler Proteasen in Plasmodien

Folg: Akkumulation toxischen Häms

Allg: - Chloroquin und Hydroxychloroquin zeigen keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich Wirkmechanismen, Nebenwirkungen und Pharmakokinetik.

- Einige Autoren postulieren Vorteile von Hydroxychloroquin bezüglich Nebenwirkungen (okuläre Toxizität) und Einsatz in der Schwangerschaft, obwohl die Wirkung möglicherweise etwas geringer als von Chloroquin ist.

Eig: - vorwiegend renale Elimination

Folg: Akkumulation bei Niereninsuffizienz

- hohe Affinität zu Melanin

Folg: Akkumulation in Iris, Chorioidea und Innenohr

- keine Speicherung im Fettgewebe

Folg: Dosisberechnung nach dem Körperidealgewicht

Appl: Einnahme zu einer fett- und proteinreichen Mahlzeit fördert die Resorption

Dos: - Standarddosierungen sind 250 mg/Tag für Chloroquin und max. 400 mg/Tag für Hydroxychloroquin

CV: Diese Dosierungen sind jedoch bei einer Vielzahl von Pat. zu hoch.

- Wichtig ist neben indikationsspezifischen Dosisempfehlungen (s. unten) die Beachtung der individuellen, dem Idealkörpergewicht angepassten Maximaldosis:

Etlg: - Chloroquin: max. 3,4 bis 4,0 mg/kg Ideal-KG/Tag

Hydroxychloroquin: max. 5,0 mg/kg Ideal-KG/Tag

- Das Ideal-KG berechnet sich folgendermaßen:

Etlg: - Männer: Ideal-KG = (Körpergröße in cm minus 100) minus 10%

Frauen: Ideal-KG = (Körpergröße in cm minus 100) minus 15%

Merk: Eine tgl. Einnahme von 250 mg Chloroquin oder 400 mg Hydroxychloroquin führt bei einem Idealgewicht bzw. tatsächlichen Körpergewicht von weniger als 64 kg zur Überdosierung (mit entsprechendem Risiko einer Retinopathie). Deshalb ist Vorsicht bei leichtgewichtigen (< 64 kg) und kleinen adipösen Pat. geboten.

Wirk: - Hydroxychloroquin zeigt ein Ansprechen nach etwa 6 Wochen; die max. Effektivität wird allerdings erst nach 4 Monaten erreicht. Hydroxychloroquin soll auch antineoplastische und kardioprotektive Effekte entfalten.

- Chloroquin zeigt ein Ansprechen nach 3-4 Wochen

Co: Quinacrin/Monatepacrin

Def: weiteres Antimalariamittel

Wirk: verstärkt durch gleichzeitige Gabe von Chloroquin oder Hydroxychloroquin

Pos: keine okuläre Toxizität

Ind: - Lupus erythematodes

Wirk: - Hemmung der Bindung zwischen Antigen und MHC-Komplex im Rahmen der Antigenprozessierung in den Lysosomen humaner Leukoyzten

Folg: Abnahme der T-Zell-Stimulation, Antikörperproduktion und Th2-Zytokine

- Hemmung der UV-induzierten Aktivierung von Transkriptionsfaktoren

- Hemmung der Thrombozytenaggregation

Ind: prophylaktische Gabe insbes. bei Nachweis von Antiphospholipid-Ak

Dos: 250 mg/Tag (Chloroquin) über einige Monate

Note: - therapeutische Plasmakonzentrationen werden bei tgl. Einnahme dieser Dosis erst nach ca. 3 Wochen erreicht

- deutlich erniedrigte Ansprechrate bei LE-Pat., die rauchen

Lit: J Am Acad Dermatol 2000; 42: 983-7

- Porphyria cutanea tarda

Wirk: Solubilisierung der hepatischen Porphyrindepots (Uroporphyrinkristalle) durch Bildung von Komplexen, die renal eliminiert werden

Dos: 2x/Woche 125 mg (niedrig dosiert)

- Sarkoidose

Wirk: Hemmung der Hydroxylierung von Vitamin D-Vorstufen zu 1,25-Dihydroxy-D3

- Polymorphe Lichtdermatose

- weitere Indikationen: Lichturtikaria, Muzinosen, Dermatomyositis, Lichen ruber, Malaria, extraintestinale Amöbiasis, rheumatoide Arthritis

SS: - Chloroquin

Allg: kontroverse Berichte über das teratogene Risikopotential

Kopl: Hörverlust, Erblindung, Missbildung, Aborte

- Hydroxychloroquin

SS: Hydroxychloroquin scheint bei Schwangeren mit LE keine Missbildungen des Föten auszulösen

Lit: Lupus 2001; 10: 401-4

KI: - Retinopathie oder Gesichtsfeldeinschränkungen

- Psoriasis

Note: Zusammenhang umstritten

- hämatologische Erkrankungen oder Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel

- Schwangerschaft und Stillzeit (zumindest KI für Chloroquin)

Aus: Malaria

- Hepatopathie und/oder Niereninsuffizienz

Folg: Dosisanpassung

- gleichzeitige Applikation von Chloroquin und Hydroxychloroquin

Erkl: erhöhte Inzidenz der Retinopathie

Lit: Dermatol Online J 2001; 7: 2

NW: - kutane NW

- Exazerbation einer Psoriasis

- Hyperpigmentierung, medikamentös bedingt

Urs: hohe Affinität von Chloroquin zu Melanin

KL: - gelbgraue, prätibiale Makeln

- diffuse Hyperpigmentierung im Gesicht

- Nagelhyperpigmentierung

- Hyperpigmentierung im Übergangsbereich vom harten zum weichen Gaumen

Prog: Remission nach 1-2 Jahren

Lit: Dermatol Pract Concept. 2023 Oct 1;13(4):e2023235. http://doi.org/10.5826/dpc.1304a235

- Hypopigmentierung blonder, roter oder hellbrauner Haare

Urs: Chloroquin hemmt die für die helle Haarfarbe relevante Phaeomelaninsynthese, nicht aber die Eumelaninsynthese

KL: Weißfärbung der Haare

Vork: selten

Prog: häufig Repigmentierung bei Reduktion der Tagesdosis

- Exantheme

- Photosensibilität (photoallergische und phototoxische Reaktionen)

KL: Verschlechterung einer Lichtdermatose (wie LE) unter Chloroquin

- Pruritus

- ophthalmologische NW

- irreversible Retinopathie

CV: Die Retinopathie hängt nicht von der Therapiedauer oder der kumulativen Gesamtdosis ab, sondern von Überschreitung der vom Idealkörpergewicht abhängigen max. Tagesdosis.

Di: - Fundoskopie

Bef: - knochenkörperchenartige Pigmentverklumpungen

- wachsgelbe Optikusatrophie

- Makulaödem

- Arteriolenverengung

- Gesichtsfeldprüfung

- Farbsinnprüfung

- Amsler-Grid-Test (Sehtafeln zur Selbstkontrolle)

KL: zentraler Gesichtsfeldausfall mit folgenden möglichen Symptomen: Flimmerskotome, Nachtblindheit, "Übersehen" von Wörtern beim Lesen, Erkennungsschwierigkeiten bekannter Gesichter

Vork: - zwischen 0,001 und 40% in Abhängigkeit von den definitorischen Kriterien

- Unter Hydroxychloroquin weist die Retinopathie bei einer Standarddosis nach 5 Jahren eine geschätzte Prävalenz von 7,5% auf.

Lit: Australas J Dermatol. 2019 Oct 15. http://doi.org/10.1111/ajd.13168

Man: meist erst 9 Monate nach Therapiebeginn

Prop: Augenarzt-Check vor Therapiebeginn und danach ca. alle 6 Monate

Note: Bei Beachtung der körpergewichtsabhängigen Tageshöchtsdosen und Verordnung von Hydroxychloroquin soll dies entbehrlich sein. Hier wire eine augenärztliche Grunduntersuchung, gefolgt von einem jährlichen Screening nach 5 Jahren, empfohlen. Bei bestehender Retinopathie, einer kumulativen Dosis von > 1000 g oder einer Nierenfunktionsstörung sollte jedoch eine genauere Überwachung in Betracht gezogen werden.

- korneale Ablagerungen

Bed: eher unbedenklich und keine Indikation für einen Therapieabbruch

- Akkommodationsstörungen

Pg: Störung der Ziliarmuskulatur

KL: verschwommenes Sehen

Bed: eher unbedenklich und keine Indikation für einen Therapieabbruch

Prog: meist Spontanremission auch bei Fortsetzen der Therapie

- Ototoxizität

Vork: selten

KL: - Tinnitus oder Schwindel

- Hörverlust

- weitere NW

- unspezfische gastrointestinale NW

KL: Nausea, Meteorismus, Tenesmen, Diarrhoe

- Myelodepression

Vork: selten

Risk: Mangel am Enzym Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase

- Myopathie

Vork: selten

- ZNS-Symptome

Vork: rel. selten

Note: - keine nachgewiesene Hepatotoxizität beim Menschen (aber bei der Ratte)

- Hemmung der Thrombozytenaggregation (ohne Verlängerung der Blutungszeit)

Bed: positiver bzw. gewünschter Nebeneffekt (insbes. bei SLE)

- Verstärkung der Insulinwirkung

Bed: positiver bzw. gewünschter Nebeneffekt

CV: - Ausschluss eines Glucose-6-phosphat-Deyhdrogenasemangels vor Therapiebeginn

Note: entbehrlich bei Hydroxychloroquin

Lit: Australas J Dermatol. 2019 Oct 15. http://doi.org/10.1111/ajd.13168

- regelmäßige halbjährliche fachärztliche Augenuntersuchung unter Chloroquin

- Lichtschutz für die Haut (und möglichst auch Sonnenbrille)

- Nikotinkarenz

- Aufkärung über die hohe Toxizität der Substanz und besondere Aufbewahrungpflicht

Note: Dosen von ca. 750 mg (3 Tbl.) können bei Kleinkindern bereits tödlich sein

WW: Tamoxifen, Aurothioglukose, Cyclosporin A, Penicillamin bedingen erhöhte NW

  

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