Epikutantest
Epikutantest
Syn: Läppchentest
Engl: Patch test
Histr: Erstmalige Präsentation im Jahre 1895 durch den deutschen Dermatologen Josef Jadassohn (1863-1936)
Ind: Kontaktdermatitis, Arzneimittel- oder Konservierungmittelallergie und Kontakturtikaria, Vaskulitis, photoallergische und phototoxische Reaktionen, Pat. mit Ulcus cruris
AG: Epikutantestreihen der DKG: https://dkg.ivdk.org/testreihen.html#a001
Meth: epikutane Applikation des potentiellen Allergens oder von Substanzreihen in einer unter Okklusivbedingungen (Läppchen oder Aluminiumkammer, meist Finn-Kammern auf Scanpor-Pflaster) nichttoxischen Konzentration für 48 h; Ablesung standardmäßig nach 48 h und 72 h (und möglichst auch nach 96 h)
Aus: - Vaskulitis: separate Ablesung auch schon nach 6 h
- Arzneimittelallergie und Kontakturtikaria: Ablesungen auch schon nach 20 min und 6 h
Note: Praktisch jede Substanz aus der Standardreihe kann auch eine Kontakturtikaria im Epikutantest hervorrufen. Häufige Substanze sind:
Bsp: Perubalsam > Duftstoff-Mix > Paraben-Mix > Clioquinol
Lit: Contact Dermatitis 1999; 41: 276-9
- bei V. a. Glukokortikoidallergie sind Spätablesungen nach 96 h wichtig
Note: Von den Steroiden sollen Fluticason (Flutivate® Creme/Salbe) und Mometasonfuroat (Ecural® Fettcreme/Lösung/Salbe) ein relativ niedriges Sensibilisierungsrisiko aufweisen
Lit: Br J Dermatol 1996; 135: 225-30
- bei Metallsalzen (insbes. Goldsalzen) auch noch nach 7 Tagen
Note: - Als Negativkontrolle werden die Lösungsmittel, die zur Verdünnung des Allergens verwendet wurden, ebenfalls aufgetragen.
- Falsch-negative Reaktionen aufgrund von Hyporeaktivität der Haut sind möglich bei fehlerhafter Immunantwort und/oder fehlerhafter Entzündungsantwort.
- hohe Reproduzierbarkeit der Testergebnisse bei Nickel, rel. niedrige bei Kaliumdichromat, niedrige bei Formaldehyd und Lanolin
- weitere diagnostische Parameter bei einer klinisch positiven Reaktion: kutaner Blutfluss erhöht, transepidermaler Wasserverlust erhöht, epidermale Proliferation erhöht (Ki-67 positive Zellen vermehrt), CD1a-positive Zellen erniedrigt, Hydratation des Stratum corneum erhöht, infiltrierte Zellen erhöht (immunhistologisch positiv für CD4, CD11, CLA), erhöhte Expression von ICAM-1 und HLA-DR (zelluläre Aktivitätsmarker)
So: Bei klinisch-anamnestischem Verdacht können als Screening-Verfahren sog. Epikutantestblöcke verwendet werden.
Vor: - Karenzzeit nach starker Sonnenexposition von mind. 4 Wochen
Urs: UVB-Licht bedingt Schädigung dermaler Nervenendigungen, hierdurch Freisetzung von CGRP (calcitonin-gene-related peptide), dadurch Degranulation von Mastzellen mit Freisetzung von TNF-alpha und IL-10, hierdurch Hemmung der Induktion von Kontaktsensibilisierung
Lit: Ann N Y Acad Sci 1999; 885: 196-208
Note: UV-Licht bewirkt über TNF-alpha und seinen Rezeptor 2 (p75), nicht jedoch über seinen Rezeptor 1 (p55), eine eingeschränkte Induktion von Kontakthypersensitivität
Lit: Exp Dermatol 1999; 8: 495-500
- keine Testung im akuten Stadium der Hautveränderungen
- kritische Prüfung bei Dauermedikation von insbes. Psychopharmaka und Kalziumantagonisten
Etlg: - offener Epikutantest
Ind: unbekannte lokale Toxizität
Meth: Auftragen der Substanz auf ein ca. 2x2 cm großes, eingezeichnetes Areal auf der Beugeseite des Unterarms, der Außenseite des Oberarms oder am Rücken. Erste Ablesung nach 20-30 min, nach Antrocknung der Substanzen Abdeckung mit einem Gazeverband und weitere Ablesung nach 24 h
Erg: negativ
Proc: anschließende Testung als geschlossener Epikutantest
- geschlossener Epikutantest
Bed: Routine-Test und Goldstandard
Mat: Finn-Kammern auf Scanpor-Pflaster
Altn: großvolumige Finn-Kammern mit 12 mm Durchmesser
Meth: Aufkleben der Testsubstanzen i. d. R. am Rücken, wobei ein Abstand zur Mittellinie von 2-4 cm eingehalten werden soll und die Ablesung erst 30 min nach Entfernung der Pflaster erfolgt
- Epikutantest nach Hornschichtabriss
Ind: geringe Penetration der Substanzen selbst unter Okklusion über 48 h am Rücken bei klinischem Verdacht auf Auslösung kontaktallergischer Reaktionen an anderen Hautstellen (insbes. bei ophthalmologischen Externa)
Meth: Tesafilmabriss (Stripping)
Folg: Nach 10x ca. 50% der Hornschicht entfernt.
CV: Leerfeld mit physiologischer Kochsalzlösung als Kontrolle mitführen
So: - Photopatch-Test
Ind: V. a. photoallergische oder phototoxische Reaktionen oder photoaggravierte Kontaktsensibilsierungen sowie chronisch aktinische Dermatitiden
Meth: Simultanes Auftragen der Allergene an zwei Hautstellen (meist oberer Rücken), nach 24 h wird für eine Stelle die Okklusion beendet und mit der Hälfte der MED oder 5-10 J/qcm UVA (320-400 nm) bestrahlt. Nach weiteren 24 h erfolgt die erste Ablesung beider Hautstellen; weitere Ablesungen folgen am nächsten und übernächsten Tag.
AG: Einige traditionelle Testsubstanzen (z. B. antibakterielle Salicylanilide oder Sulfonamide) sind mittlerweile nur noch von
historischem Interesse. Aktuelle Testungen fokussieren i. d. R. auf organische Lichtschutzmittel und topisch applizierte
NSAR.
Lit: J Eur Acad Dermatol Venereol 2004; 18: 679-82
Erg: präsentiert wird eine Tabelle empfohlener Testsubstanzen von
- Hermal, 21462 Reinbek oder
- Chemotechnique Diagnostics P.P. Box 80 S320, Malmö, Schweden
Erg: 0 = keine Testreaktion; 1 = Erythem; 2 = Erythem und Infiltrat; 3 = Erythem, Infiltrat und Papulovesikeln; 4 = Erythem, Infiltrat, Blasen oder Erosionen
Lit: LL DDG
Int: Decrescendo-Reaktionen im Verlauf der Ablesungen sprechen für phototoxische Reaktionen, Crescendo-Reaktionen dagegen eher für photoallergische Reaktionen.
- Epikutantestung mit patienteneigenen Substanzen
Meth: - Informierung über die mögliche Toxizität des Produktes:
s. auch Adressen unter "Produktinformation" im Anhang (Hersteller, Fachliteratur, IKW, IVDK, technischer Aufsichtsdienst der BG)
- Verdünnung der Substanzen
Meth: - Feilen, Messer, Mörser etc.
- Verdünnungsreihe (1:100, 1:1000, 1:10.000)
Int: Bei allergischen Reaktionen ist der Konzentrationsgradient meist flacher als bei toxischen Reaktionen, sodass bei Sensibilisierungen häufig noch eine positive Reaktion bei stärkerer Verdünnung auftritt.
CV: Es gibt allerdings zahlreiche Ausnahmen von dieser Faustregel.
- Zugabe von "Vehikeln"
Bsp: Aceton (acet), 70% Ethanol (alc), Methylethylketon (mek), Olivenöl (oo), Petrolatum (vas/pet)
- pH-Kontrolle auf einen Zielbereich von pH 4-9
- erste Ablesung nach 30 min im offenen Epikutantest zur Erfassung von Sofortreaktionen oder toxischen Reaktionen
- ROAT
Erg: - Beurteilung des einzelnen Testfeldes: Minuszeichen: - (negativ); Fragezeichen: ? (Erythem ohne Infiltrat, d. h. fraglich positive allergische Reaktion); 1fach positiv: + (Erythem mit erhabenem Infiltrat); 2fach positiv: ++ (Erythem mit Papeln und Vesikeln); 3fach positiv: +++ (Erythem mit konfluierenden Papulovesikeln, ggf. Blasen und Erosionen sowie möglicher Streuung); irritative Reaktion: irr; nicht getestet: NT (obwohl im Testblock enthalten) 2
- Beurteilung der Summe der Testreaktionen
So: - polyvalente Kontaktallergien
Def: Sensibilisierung gegenüber multiplen Allergenen
- Kreuzallergie
Def: Sensibilisierung gegenüber identischen Allergenen multipler, chemisch oder strukturell verwandter Substanzen
- Kopplungsallergie
Def: Sensibilisierung gegenüber multiplen Allergenen, die häufig gemeinsam vorkommen
Bsp: Nickel und Kobalt
- Compound-Allergie
Def: Sensibilisierung gegenüber einem Allergengemisch bei negativer Testung der Einzelsubstanzen
Verl: 4 Hauptreaktionsmuster nach Ablesung zu verschiedenen Zeitpunkten:
- Decrescendo-Muster
Int: typisch für toxische Reaktionen
- Crescendo-Muster
Int: typisch für allergische Reaktionen
- Kombination aus o.g. Mustern
- Plateau-Muster
NW: - Überschießende Ekzemreaktionen (bes. bei p-Phenylendiamin, Formaldehyd, Metallen) lassen sich mit glukokortikoidhaltigen Externa gut und rasch behandeln.
- Starke Entzündungsreaktionen (bes. nach photoallergischen Reaktionen im belichteten Läppchentest) können zu postinflammatorischen Hyperpigmentierungen führen.
- Nur in einzelnen Kasuistiken kam es auch beim Epikutantest (bes. bei Formaldehyd, Penicillin, Bacitracin) zu anaphylaktischen Schockreaktionen. Bei entsprechenden Anamnesen empfiehlt sich eine einstündige Beobachtung nach Auftragen des Allergens.Bei der toxischen epidermalen Nekrolyse (TEN) ist es vertretbar, den Epikutantest unter stationären Bedingungen durchzuführen.
- Angry-back-Reactions sind falsch-positive Epikutantestreaktionen bei gleichzeitig bestehendem Ekzem, deshalb sollten Wiederholungstests frühestens 4-6 Wochen nach Abklingen des Ekzems an anderer Stelle durchgeführt werden.
Altn: Nickel-Iontophorese
Lit: Contact Dermatitis 2000; 42: 36-41
Meth : Iontophorese mit destilliertem Wasser (0,9% NaCl; 0,01 M NiSO4) mit Ablesung nach 48 h