Hämorrhoiden

Zuletzt geändert von Thomas Brinkmeier am 2021/06/08 21:34

Hämorrhoiden

Def: Hämorrhoiden i. e. S. sind sog. innere Hämorrhoiden: Hyperplasien des Corpus cavernosum recti, des arteriovenösen Gefäßpolsters (Plexus haemorrhoidalis superior) der distalen Rektumschleimhaut. Nur bei Vergrößerung des physiologischen Schleimhautpolsters mit entsprechenden Folgebeschwerden spricht man vom Hämorrhoidalleiden.

Ät: - genetische Disposition (insbes. Bindegewebsschwäche, auch altersbedingt)

- chronische Obstipation bei ballastarmer Ernährung, Bewegungsmangel u. a.

- portale Hypertension (venöse Überlastung durch den portokavalen Umgehungsweg)

Vork: 70% aller Erwachsenen > 30 J. haben proktoskopisch nachweisbare Hämorrhoiden I. Grades

KL: - hellrote Blutauflagerungen bei der Defäkation oder am Toilettenpapier

- brennende Schmerzen und Juckreiz perianal

- vermehrte Schleimsekretion mit nachfolgender Mazeration

Kopl: Entwicklung eines Analekzems

Vork: bes. bei anatomischer Prädisposition (Trichteranus)

Kopl: - Analekzem (s. oben)

- Analfissur

- Analvenenthrombose

- Anämie durch chronischen Blutverlust

Di: - Inspektion: Prädilektionsstelle ist meist in Höhe des anorektalen Übergangs an der Linea dentata bei 3, 7 oder 11 Uhr in SSL gelegen (an den Eintrittsstellen der Äste der A. rectalis superior)

- Palpation: erst möglich ab Grad II

Note: Prüfung von Prolapsgröße und spontaner Retraktionstendenz nach Bauchpresse auf dem sog. Untersuchungs-WC

- Proktoskopie (am sensitivsten) mit Analspekulum und Blond-Proktoskop (konisches Rohr mit seitlicher Öffnung, in die größere Hämorrhoiden prolabieren)

- ggf. Rektoskopie/Koloskopie und Kolonkontrasteinlauf zum Tumorausschluss

Etlg: - Grad I:

Def: Hämorrhoidalknoten liegen proximal der Linea dentata. Sie sind nicht palpabel und nur proktoskopisch sichtbar.

KL: Leitsymptom sind hellrote peranale Blutungen

DD: Rektumkarzinom ist wichtigste DD

Grad II:

Def: Hämorrhoidalknoten sind distal der Linea dentata progrediert. Sie werden palpabel und prolabieren zeitweilig (Bauchpresse) aus dem Analkanal; danach kommt es zur Spontanretraktion

KL: geringere Blutungsneigung als bei Grad I

DD: Analfissur ist die wichtigste DD

Grad III:

Def: Hämorrhoidalknoten prolabieren permanent aus dem Analkanal, sind aber digital reponierbar

KL: Leitsymptom: schleimige Sekretion und beginnende Inkontinenz

Grad IV:

Def: Hämorrhoidalknoten prolabieren permanent aus dem Analkanal und sind nicht mehr digital reponierbar; Maximalform: Analprolaps

Bef: radiäre Falten bei Vorfall der gesamten Hämorrhoidalzone

KL: chronische Obstipation, aber keine Inkontinenz

Th: operativ beim Erwachsenen; konservativ beim Kind

DD: - Analkarzinom

- Analvenenthrombose

- Condylomata acuminata/lata

- Rektumprolaps

Ät: Insuffizienz des M. levator ani

Di: zirkuläre Falten, da auch die Muskelschichten prolabieren

KL: Inkontinenz, da fehlende Sphinkterfunktion

Th: operativ beim Erwachsenen (beim Kind nur Raffung von sakral her)

- prolabierende Analpapille = hypertrophe Analpapille

Syn: "Analpolypen", "Katzenzähnchen"

Pa: vergrößerte embryonale Proktodäalmembran

Th: Abtragung

CV: Schmerz ist kein Symptom entzündeter oder blutender Hämorrhoiden

Urs: asensible Rektummukosa

Th: - Allgemeinmaßnahmen

Meth: - "Analgymnastik"

Meth: mehrfache Kontraktionen des Analsphinkters

- Stuhlregulierung

Meth: - ballaststoffreiche Ernährung mit hoher Flüssigkeitszufuhr

- regelmäßige körperliche Betätigung

- kurze Defäkationszeiten ohne starkes Pressen

- milde Laxanzien

Ind: zurückhaltend

OTC: Agiolax®

- Analhygiene

Meth: - Sitzbäder mit Kamillosan

- warm-kalte Wechselduschen der Analregion

Wirk: zur Vermeidung von Komplikationen (Analfissuren, Analvenenthrombose)

- symptomatische Therapie

Stoff: - Ibuprofen

Ind: Schmerzen

Appl: oral

Dos: 3x400 mg/Tag

- Glukokortikoide

Appl: lokal für wenige Tage

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OTC: Posterisan® Salbe/Zäpfchen (mit Hydrocortisonacetat)

Co: Lokalanästhetika

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- Lokalanästhetika

Ind: analer Pruritus und Schmerzen

Appl: als Salbe oder Zäpfchen für max. 4-6 Wochen

Stoff: - Lidocain

OTC: Posterisan® Akut-Salbe

Co: lokale Glukokortikoide

- Benzocain

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- Cinchocain-HCl

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Co: Antiseptikum (Policresulen)

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- Aminisocain

- Polidocanol = Macrogollaurylether

Def: synthetischer Gerbstoff zur externen Applikation

Ind: nässendes hämorrhoidalbedingtes Analekzem

Wirk: adstringierend

OCT: - Tannolact® Badezusatz/Creme/Fettcreme/Gel/Lotio/Puder

- Tannosynt® Creme/Badezusatz/Lotio

Co: Antiseptikum (4-Hexylresorcin)

- Hamamelisblätter-Fluidextrakt

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- Organ- und/oder Mikroorganismen-haltige Präparate (ohne LA oder Steroide o. Ä.)

- Hämorrhoiden I. und II. Grades:

Meth: Sklerosierung nach Blond:

Bed: GS bei Hämorrhoiden I. Grades

Appl: submuköse intraläsionale (intranoduläre) Injektion bei 3, 7 und 11 Uhr (sowie ggf. perivaskuläre Injektion proximal und distal des Hämorrhoidalknotens)

CV: nicht intravasal injizieren wie bei Venenverödung

Mat: - Proktoskop mit seitlicher Öffnung nach Blond

- Sklerosierungsmittel

Stoff: Polidocanol = Macrogollaurylether

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Altn: Chinin-HCl

Neg: Gefahr schwerer allergischer Reaktionen auf Chinin

Appl: max. 1,6 ml Polidocanol pro Sitzung (max. 6 Einzelinjektionen pro Sitzung), Wiederholung nach frühestens 1 Woche bis max. 4 Wochen, insges. meist 3-8 Sitzungen

Altn: - Sklerosierung nach Bensaude

Mat: Phenol-Mandelöl

Appl: supranoduläre Injektion bei 3, 7 und 11 Uhr in SSL

Anat: im Bereich der 3 Seitenäste der A. rectalis superior

- Gummiringligatur nach Barron

Bed: avanciert zum GS bei Hämorrhoiden II. Grades

Meth: Hämorrhoidalknoten wird mit Fasszange gefasst, dann ein Gummiring mittels eines Applikators über den Knoten gezogen, der an der Basis zur Nekrose führt

KI: hämorrhagische Diathese, Latexallergie (sofern der Ring latexhaltig ist)

NW: häufig peranale Blutungen nach einigen Tagen

Kopl: arterielle Blutung aus dem Ulkus innerhalb von 3 Wochen nach Ligatur

Vork: 0,5% (-5%) d. F.

Th: ggf. Umstechungsligatur

- Infrarotkoagulation

Bed: niedrige Erfolgsquote bei Hämorrhoiden; gute Eignung bei oberflächlichen Blutungen des Analkanals

- Kryotherapie

Bed: obsolet

- Kauterisierung

Bed: obsolet

- Hämorrhoiden III. Grades:

Th: Operation nach Milligan-Morgan oder Parks

Przp: submuköse Hämorrhoidektomie

Meth: - Exzision der Hämorrhoidalknoten möglichst unter Erhalt des Anoderms, Ligatur der zuführenden Äste der A. rectalis superior, Schleimhautnaht mit resorbierbarem Faden, Tamponade des Wundgebiets

Co: evtl. zusätzliche Sphinkterotomie zur Senkung des Analsphinktertonus (insbes. zur Prophylaxe einer Analfissur)

- postoperativ: Entfernung der Tamponade am 1. Tag postoperativ, dann 2 x/Tag sowie nach jedem Stuhlgang Sitzbäder plus Stuhlerweichung (z. B. Agiolax®)

Kopl: postoperative Analstenosen

Altn: - Sklerosierung bei Hämorrhoiden III. Grades

Vor: erfahrene Proktologen

- Hämorrhoidopexie nach Longo

Ind: zirkulärer Hämorrhoidalprolaps

- Hämorrhoiden IV. Grades

Th: plastisch-rekonstruktive Operation

  

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