Lues connata
Lues connata
Syn: Syphilis congenita
Def: Syphilis, die ab dem 2. Trimenon (4. Schwangerschaftsmonat) von der Mutter in utero auf den Fetus übertragen wird, d. h. Fetopathie und keine Embryopathie (keine Schäden innerer Organe bei Geburt, sondern erst sekundär nach Treponemenbefall)
CV: Durch die Identifizierung von TP in Frühaborten ist allerdings auch eine mögliche Infektion vor der 18. SSW bewiesen worden, d. h. eine verlässliche Plazentaschranke im 1. Trimenon existiert nicht.
Pg: Das Maß der Schädigung des Fetus ist vom Infektionszeitpunkt der Mutter abhängig: Das größte Risiko besteht bei Infektion der Mutter in den letzten 2 Jahren vor der Gravidität oder in der 1. Schwangerschaftshälfte.
Prop: Im Rahmen der Schwangerenvorsorge wird innerhalb der ersten 3 Monaten routinemäßig ein Syphilis-Screening durchgeführt.
Di: Diagnose der Syphilis congenita praecox per IgM-FTA-Abs-Test:
CV: IgM ist nicht plazentagängig, beweist damit eine Infektion beim Neugeborenen, während IgG plazentagängig ist (und auch von der Mutter stammen könnte).
KL: - Lues connata praecox/Syphilis congenita praecox
Man: Krankheitsmanifestation bis zum Ende des 2. Lj.; Symptome sind bei Geburt vorhanden oder treten während der ersten Lebensmonate auf
Note: entspricht der Frühsyphilis, verläuft wegen Unreife des Immunsystem beim Neugeborenen jedoch wesentlich schwerer als bei extrauteriner Infektion
Bef: - Frühgeburt oder niedriges Geburtsgewicht
Allg: dystrophes, anämisches Neugeborenes mit greisenhaft welker Haut ("kleiner alter Mann mit großem Bauch")
- große Plazenta mit treponemenreichen Infiltraten (auch in der Nabelschnur)
- palmoplantares Exanthem, ggf. mit Blasen ("Pemphigus syphiliticus neonatorum")
- Rhinitis syphilitica/Coryza syphilitica/Coryza neonatorum
Bef: blutig tingierte Rhinitis durch Papeln der Nasenschleimhaut
CV: Das Sekret enthält massenhaft Treponemen
Kopl: Opernglasnase
Urs: Einsinken der Nasenflügel
- lokalisierte Papeln wie bei Lues II
- interstitielle Pneumonie ("Pneumonia alba")
- Hepatosplenomegalie ("Feuersteinleber")
- Glomerulonephritis, nephrotisches Syndrom
- Enzephalomeningitis mit Hydrocephalus communicans hypersecretorius
- Parrot-Pseudoparalyse
Pa: Osteochondritis dissecans Wegener
Lok: meist die langen Röhrenknochen
KL: schmerzbedingte Bewegungseinschränkung der betroffenen Extremität
Di: neg. Moro-Reflex
Kopl: spätere Deformierungen (z. B. Säbelscheidentibia )
- Osteomyelitits
Vork: sehr selten
Kopl: sog. "Elfenbeinknochen" als Residualzustand
- Lues connata tarda/Syphilis congenita tarda
Man: Krankheitsmanifestation ab Ende des 2. Lj. (Stigmata meist erst in der Pubertät oder im Erwachsenenalter)
Note: entspricht der Spätsyphilis, wobei kardiovaskuläre Schäden selten sind
KL: - Hautveränderungen wie bei Spätsyphilis
- Neurosyphilis wie bei Spätsyphilis
Vork: 40% d. F.
- Stigmata = Residuen aufgrund spontaner Defektheilung nach Lues connata
Bef: - Olympierstirn, Caput natiforme ("Quadrat-Schädel")
Bef: symmetrische Exostosen des Os frontale (Stirnhöcker)
Bef: Endzustand einer Rhinitis mit Destruktion des Nasenseptums
Bef: hoher Gaumen
- Hypoplasie der Maxilla
Bef: kurzer Oberkiefer
- Hutchinson-Tonnenzähne
Bef: auseinanderstehende, fassförmige Schneidezähne
- Maulbeermolaren bzw. Moon-Zähne
Bef: grobhöckrige Oberfläche der ersten Molaren
- Säbelscheidentibia
Bef: Z.n. Osteochondritis
DD: Osteodystrophia deformans Paget
- Parrot-Furchen
Histr: Jules Parrot (1839-1883), Pädiater in Paris
Bef: periorale radiäre Furchen als Residualzustand nach syphilitischen Papeln mit späterer Bildung von Rhagaden und Vernarbung
Note: einziges "Haut-Zeichen" der Stigmata, die ansonsten Knochen und Zähne betreffen
- Hutchinson-Trias (Zähne, Ohren, Augen)
- beidseitige Innenohrtaubheit (luetische Neurolabyrinthitis)
- interstitielle, parenchymatöse Keratitis
Pg: Beginn mit Irits, später Trübung der Kornea und Gefäßeinsprossung
Th: - lokale Glukokortikoide (kein Ansprechen auf Penicillin)
- ggf. Korneatransplantation
DD: Cogan-Syndrom
KL: Keratitis parenchymatosa + Innenohrschwerhörigkeit + Schwindel + Tinnitus
Ät: ungeklärt; diskutiert wird eine Vaskulitis
Th: Lues-Therapie