Pruritus gravidarum

Zuletzt geändert von Thomas Brinkmeier am 2024/11/02 21:01

Pruritus gravidarum

Syn: Benigne intrahepatische Cholestase bei Schwangerschaft (SS), intrahepatische Schwangerschaftscholestase

Engl: intrahepatic cholestasis of pregnancy (ICP), intrahepatic jaundice of pregnancy, recurrent cholestasis of pregnancy

Def: Defekt der hepatischen Gallensäuresekretion mit Pruritus bei der Mutter und Gefährdung des Kindes (Kardiodepression, Planzentainsuffizienz durch Vasokonstriktion) mit erhöhter Früh- und Totgeburtenrate (letztere in 1-2% d. F.)

Histr: Erstbeschreibung durch Kehrer im Jahre 1907

Ät: - Cholestase

- Anabolika, Östrogene

Gen: - Der HLA-Haplotyp Aw31B8 soll prädisponierend sein

- Mutationen in Genen (ABCB4-Mutation), die für biliäre Transportproteine kodieren, wurden identifiziert

PPh: - Östriol-16alpha-D-Glucuronid ist der am stärksten erhöhte Östrogenmetabolit in der SS und hemmt indirekt die Natrium-Kalium-ATPase-Aktivität in der Membran des Hepatozyten. Hierdurch wird der Natriumgradient gesenkt, was die natriumabhängige Aufnahme der Gallensäuren reduziert. Außerdem wird spekuliert, dass Östrogene die Aktivität der Aktinfilamente in den Hepatozyten hemmen, wodurch die Sekretion der Gallensäuren gestört wird.

- Progesteronmetabolite hemmen die hepatische Glucuronyltransferase, wodurch die Clearance der Östrogene abnimmt.

Risk: - Mehrlingsschwangerschaften

- Progesteronbehandlung im letzten Trimester

Man: 3. Trimenon gegen Ende der SS

Vork: - bis 3%

- höhere Inzidenzen in Chile, Bolivien und Skandinavien

KL: generalisierter bzw. an wechselnden Lokalisationen auftretender, nächtlich betonter Pruritus ohne primäre Hautveränderungen

Allg: Ikterus, Anorexie, Nausea

Kopl: - Blutungsrisiko (für Mutter und Kind) bei subklinischer Steatorrhoe

Urs: Vitamin-K-Mangel mit Verlängerung der Prothrombinzeit

Ass: begleitende extrahepatische Cholestase in ca. 10% d. F.

- Plazentainsuffizienz

PPh: wahrscheinlich Vasokonstriktion der plazentaren Chorionvenen durch Gallensäuren

Ass: häufig mekoniumhaltige Amnionflüssigkeit

Bed: Risiken für den Feten mit Frühgeburtlichkeit bis hin zu Totgeburten

Note: Autopsien zeigten plazentare Veränderungen durch akuten Sauerstoffmangel; Totgeborene lagen häufig in einer durch Mekonium angefärbten Amnionflüssigkeit, das zur Obstruktion der Nabelvene führen kann. Ferner zeigten In-vitro-Studien, dass ein erhöhter Gallenfluss von der Mutter zum Feten zur Konstriktion der Chorionvenen der Plazenta führen kann.

Lok: meist Schultergürtel und Oberschenkel, häufig auch Handflächen und Fußsohlen

Lab: - erhöhte Gallensäuren im Serum, insbes. postprandial und erhöhte Nüchtern-Serumspiegel der Gallensäuren von über 10 Mikromol/l

Bed: sensitivster Marker für ICP, fetales Risiko steigt bei Werten über 40 Mikromol/l

- Erhöhung von Bilirubin, AP, GGT, ggf. auch GPT und GOT

- Verlängerung der Prothrombinzeit durch Vit.-K-Mangel

- Selen im Serum erniedrigt

Hi: unspezifischer Befund in der Hautbiopsie

DIF: negativ

IIF: negativ

Prog: - meist rasche Remission post partum innerhalb von 2-4 Wochen

- erhöhte Früh- und Totgeburtenrate

- häufige Rezidive in nachfolgenden Schwangerschaften (70-80% d. F.)

- häufige Rezidiv bei hormoneller Kontrazeption, die als kontraindiziert gilt

Mon: wöchentliche CTG-Kontrollen ab der 34. SSW

Th: - topische Therapie

Bsp: - Lotio alba

- topische Glukokortikoide

- systemische Therapie

Stoff: - Ursodeoxycholsäure

Def: nicht-toxische, hydrophile Gallensäuren

Bed: GS in schwereren Fällen mit signifikanter Verbesserung der fetalen Prognose

Phar: Bitte registrieren / anmelden

Dos: 450-1200 mg/Tag bzw. 15 mg/kg/Tag

Co: S-Adenosylmethionin

EbM: mehrere RCT

- Colestyramin

Phar: Bitte registrieren / anmelden

EbM: CS (Mangel an CT)

Dos: bis 18 Tbl./Tag

Wirk: intestinale Bindung der Gallensäuren bewirkt Hemmung der enterohepatischen Zirkulation

Neg: - Hemmung des Pruritus erst nach mehrtägiger Einnahme

- Präzipitation von Vit. K

- klinische Besserung wahrscheinlich nur bei leichter Erhöhung der Gallensäuren im Serum

Co: wöchentliche Vit.-K-Supplementation

CV: Gabe zu anderer Tageszeit als Colestyramin

- Silymarin®

Inh: Trockenextrakt aus Mariendistelfrüchten

Ind: milde Formen der Cholestase

- Dexamethason

Wirk: Hemmung der fetoplazentaren Östrogenproduktion

Lit: Br J Obstet Gynaecol 1992; 99: 109-11

CV: - Antihistaminika sind nur bedingt wirksam.

- S-Adenosylmethionin war in einer RCT nicht wirksamer als Plazebo

Lit: Hepatology 1991; 13: 1084-9

- Phototherapie

Meth: - UVB

- UVA1

  

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