Purpura Schönlein-Henoch (HSP)

Zuletzt geändert von Thomas Brinkmeier am 2024/11/02 21:01

Purpura Schönlein-Henoch (HSP)

Syn: anaphylaktoide Purpura, rheumatoide Purpura, Henoch-Schönlein Purpura

Engl: Henoch-Schonlein Purpura, anaphylactoid purpura

Histr: Johann Lucas Schönlein (1793-1864), Internist; Eduard Heinrich Henoch (1820-1910), Pädiater

Def: Sonderform der Vasculitis allergica mit immunhistochemisch nachgewiesenen IgA-Ablagerungen in Haut, Niere und GI-Trakt

Gen: - HLA-DQA1*0301 gehäuft

- Deletion des C4-Komplement-Gens

Vork: - meist bei Kindern nach dem 5. Lj.

Urs: Erst ab diesem Alter ist die volle Reife des IgA-Immunsystems erreicht

Bed: häufigste Vaskulitisform in diesem Alter

- Männer überwiegen Frauen

TF: - Infekte

Etlg: - Atemwegsinfekte

Err: Influenza A-Virus, Streptokokken

- andere Infektionen

Err: Hepatitis B, Varizellen, Coxsackie, Herpes, Parvovirus B19, Yersinien

- Medikamente

Stoff: Ampicillin, Penicillin, Erythromycin

- Nahrungsmitteladditiva

KL: Die ersten 3 Symptome stellen die typische Trias dar (mit für Vasculitis allergica ungewöhnlich häufiger systemischer Beteiligung)

- Purpura/Petechien 2

Vork: 100% d. F.

Def: Erythrozytenextravasate, kutane Hämorrhagien

Bef: meist petechiale Blutungen

Lok: bevorzugt an den Unterschenkelstreckseiten

Pg: Es besteht eine Schädigung der Gefäße durch Ablagerung von IgA; hiervon nicht betroffen sind die Gerinnungsfaktoren (keine verlängerte Gerinnungszeit) oder Thrombozyten (keine Thrombozytopenie; keine verlängerte Blutungszeit)

- Polyarthralgien

Vork: > 50%

Lok: bevorzugt der Sprunggelenke

Note: keine Gelenkblutungen (wie bei Hämophilie)

- Bauchschmerzen/Darmkoliken

Vork: > 50%

CV: nicht selten auch GI-Blutungen

- intrakapilläre, mesangioproliferative Glomerulonephritis  

CV: intrakapilläre nicht mit endokapillärer GN verwechseln

Merk: intrakapillär: Mesangium; endokapillär: Endothel, aber:

Pg: als Folgephase der endokapillären GN oder induziert durch mesangiale, neutrale Immunkomplexe

Vork: - weltweit am häufigsten: IgA-GN

- bei Erwachsenen häufiger als bei Kindern

KL: Leitsymptom: schwere Makrohämaturie

Note: klinische Hämaturie: 30%; bioptisch: 80%

Di: Nierenbiopsie

Prog: relativ gute Prognose (trotz schwerer Makrohämaturie); Schrumpfniere selten

Kopl: Proliferation der Mesangiumzellen bedingt Kompression der Kapillaren, die für die Beeinträchtigung der glomerulären Filtration verantwortlich ist

- ZNS-Beteiligung

Vork: selten

KL: Kopfschmerzen, Verhaltensstörungen

Di: - pathologisches EEG

- MRT

DIF: subendotheliale IgA-Ablagerungen

Hi: Degeneration der Endothelien mit fibrinoider Gefäßwandnekrose, perivaskuläre Neutrophilen-Infiltrate mit Leukozytoklasie, Erythrozytenextravasate

DD: - Purpura bei Meningokokkensepsis

- Purpura bei Thrombozytopenie

- ALL

Di: - Blutbild: erhöhter Nachweis von Lymphoblasten (können aber auch normal oder erniedrigt sein), ferner Anämie und Thrombozytopenie

- Knochenmarkspunktion

- Erythema nodosum

- EEM

Prog: meist gut (selbstlimitierender Verlauf mit Spontanheilung, ansonsten sind die Nierensymptome für die Prognose entscheidend)

Lab: Als Verlaufsparameter eignen sich folgende Marker:

- Neutrophilen-Lymphozyten-Verhältnis

Lit: J Eur Acad Dermatol Venereol. 2017 Jun;31(6):1033-1037 (Ungarn)

Erg: NLR ist prognostischer Indikator für eine Systembeteiligung mit einem Cut off-Wert von 3,34 bei Erwachsenen mit IgA-Vaskulitis.

- Serum

Ind: Bestimmung des Verlaufs der systemischen Vaskulitis und der Endothelschädigung

Bef: - CRP

- IgA-Antikörper gegen Beta2-Glykoprotein I

Lit: Br J Dermatol. 2012 May 25 (epub ahead of print)

- vWF

Meth: ELISA

- Urin

Bef: - Proteinurie, Hämaturie

- IL-1

- TNF-alpha

Ind: Beobachtung des Verlaufs bei IgA-GN

Int: fehlende Übereinstimmung zwischen Serum- und Urinspiegel spricht für die Möglichkeit einer selektiven Organbeurteilung

Prop: frühzeitige systemische steroidale Behandlung soll hinsichtlich der Nierenbeteiligung prophylaktisch sein

Lit: Kalay-Yildizhan, I., Akay, BN, Boyvat, A., & Heper, A. (2020). Ulcerative IgA vasculitis in the setting of warfarin therapy. Dermatology Online Journal, 26(9)

Th: Bei kleinflächigem Befall ist eine Therapie meist nicht erforderlich.

EbM: CR oder CS

Stoff: - Glukokortikoide

Bed: GS bei signifikanter gastrointestinaler oder renaler Beteiligung

Dos: ca. 100 mg Prednisolon/Tag mit rel. rascher schrittweiser Dosisreduktion

Co: - Azathioprin

Dos: 50-100 mg/Tag

- Cyclophosphamid

- Cyclosporin A

- Penicilline

Stoff: Penicillin V, Benzylpenicillin

Ind: bei V. a. Infektallergie bzw. Streptokokken im Rachenabstrich

- Colchicin

Lit: Rheumatology 2001; 40: 1430-1

PT: CR (Erstbeschreibung; Pat. im Erwachsenenalter)

Dos: 0,5 mg/Tag

- Thalidomid

Lit: Korean J Intern Med 2002; 17: 270-3

PT: CR (Pat. mit Z.n. Steroiden, Cyclophosphamid und Plasmapherese)

Dos: 400 mg/Tag

- Epsilon-Aminocapronsäure

Ind: ggf. bei Nierenbeteiligung

- Fischöl

Lit: Nephrology 2004; 9: 381-6

PT: CS (5 Kinder; Erstbeschreibung)

Dos: 2x/Tag 1 g

Co: ACE-Hemmer bei arterieller Hypertonie

- Urokinase

Ind: Prophylaxe und Begrenzung der mesangioproliferativen IgA-GN

Wirk: Fibrinolyse und Digestion der mesangialen Matrices

- IVIG

Ind: insbes. bei Parvovirus B19-assoziierter HSP

Co: ggf. plus Anti-TNF-alpha

CV: Immunsuppressiva können hier den Verlauf verschlechtern.

- Plasmapherese

Bed: mögliche Therapie der 1. Wahl bei ZNS-Beteiligung (Vaskulitis, Hämorrhagien)

Lit: Pediatr Nephrol 2005; 20: 223-5

PT: CR

  

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