Pyostomatitis-Pyodermatitis vegetans (PSPDV)

Zuletzt geändert von Thomas Brinkmeier am 2024/11/02 21:01

Pyostomatitis-Pyodermatitis vegetans (PSPDV)

Syn: Dermatitis vegetans

Histr: 1898 von Hallopeau erstmals als neue klinische Entität "Pyodermite vegetante" beschrieben, wobei zwei der fünf präsentierten Fälle von Pyodermien gleichzeitig orale Läsionen aufwiesen. Pathologische Beschreibungen fehlten in diesem Report. Kurze Zeit später korrigierte Hallopeau aber seine ursprüngliche These und betrachtete die Fälle als Varianten des Pemphigus vegetans.Im Gegensatz dazu wurde in darauffolgenden Berichten (1906) von Fordyce und Pusey wiederum der Ausdruck "Pyoderma vegetans" bevorzugt, und zwar in betonter Abgrenzung zum Pemphigus vegetans. 1949 wurde von Brunsting und Underwood erstmals klar die Assoziation zu einer chronisch-entzündlichen Darmkrankheit hergestellt. Sie beschrieben die Histopathologie der kutanen Läsionen, aber nicht die der oralen.

Ät: unklar

Pg: unklar

Note: Staph. aureus und Streptokokken der Gruppe A werden häufig nachgewiesen, wobei aber eine antibiotische Therapie allein i. d. R. nicht zum Therapieerfolg führt.

TF: Eine Auslösung nach kutanem Trauma mit sekundärer Infektion ist beschrieben.

Def: schwierig; letztendlich handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose. Die PSPDV wird meist dem Spektrum neutrophiler Dermatosen zugerechnet; einige Autoren sehen sie sogar als klinische Sonderform des Pyoderma gangraenosum an.

Gen: Berichte über Manifestation bei Zwillingen suggerieren eine hereditäre Disposition.

Vork: - sehr selten

- auch bei Kindern

Lok: - generalisierter Befall möglich, meist asymmetrisch

- Prädilektionsstellen: Beugen, Genitalregion, Kapillitium

- seltener ist Befall des Gesichts, des Abdomens, der Periumbilikalregion und der distalen Extremitäten

- Etwa 50% d. F. zeigten sowohl kutanen als auch oralen Befall, wobei sich die kutanen Läsionen i. d. R. entweder gleichzeitig mit den oralen Läsionen oder danach entwickelt haben, d. h. ein simultaner oder sukzessiver Befall kommt vor. Nur kutane oder nur orale Manifestation ist möglich.

Lab: - meist negative bakterielle, mykotische und virale Kulturen

- Eosinophilie

Vork: ca. 50% d. F.

KL: - Hautveränderungen

Bef: kleine Papulopusteln, die sich zu erythematösen verruciformen Vegetationen und zentral ulzerierten, z. T. anulär konfigurierten krustösen Plaques entwickeln

Note: Die subjektive Symptomatik ist meist nur geringfügig in Form von leichter (Druck-) Schmerzhaftigkeit.

- enorale Herde

Bef: zahlreiche kleine gelbliche Pusteln, die flach ulzerieren und konfluieren und charak-teristische "Schneckenspur-Erosionen" formieren.

Engl: shallow ulcers that fuse, resulting in "snail track" ulcers (snail = Schnecke)

Lok: Befall der gesamten oralen Mukosa ist möglich; häufig befallen sind die labiale und bukkale Mukosa, die Tonsillenregion, die Gingiva, der harte und weiche Gaumen und das Vestibulum; seltener ist der Befall des Zungenbodens und der Zunge.

Note: Schleimhäute der Nase, Vagina und Konjunktiven können ebenfalls in seltenen Fällen befallen sein.

DD: Pemphigus vegetans, Pyoderma gangraenosum, Bromoderm/Jododerm, tiefe Mykose (insbes. Blastomykose), kutane Tuberkulose, perforierende Dermatose, Sweet-Syndrom, Stomatitis gangraenosa, Pachydermia vegetans bei chronischem Lymphödem (Elephantiasis)

Hi: - leukozytäre Mikroabszesse in der Epidermis und in den dermalen Papillen, v. a. aus Neutrophilen und Eosinophilen bestehend

- reaktive Hyperkeratose und Akanthose

- flache Ulzerationen mit oberflächlicher Nekrosezone

- ggf. suprabasale Spaltbildung

- ggf. diffuses oder perivaskuläres koriales Entzündungsinfiltrat

DIF: - Unter obiger Bezeichnung wurden Fälle mit positiver DIF und IIF sowie Fälle mit negativer DIF und IIF beschrieben; letztere zeigen eine Assoziation mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und sollten als Pyostomatitis-Pyodermatitis vegetans bezeichnet werden, während erste am besten als Pemphigus vegetans klassifiziert sind.

- Allerdings zeigen Einzelfälle von PSPDV eine schwache und diskontinuierliche Ablagerung von IgM im Bereich der BMZ. Die meisten Autoren betonen, dass diese Immunfluoreszenzbefunde keiner Pemphigusform entsprechen und unspezifisch sind.

Note: Die Histologie kutaner Läsionen entspricht im Wesentlichen der von oralen Schleimhautbiopsien, die epitheliale Hyperplasie und (geringgradige) Akantholyse sind i. d. R. an der Mukosa relativ stärker ausgeprägt.

Ass: - chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn)  

Vork: ca. 75% d. F.

Bed: wichtigste Assoziation; Abklärung ist obligat bei klinischem Verdacht

- primär sklerosierende Cholangitis

Note: typische Assoziation zu Colitis ulcerosa

- Alkoholismus

- Lymphome

- Leukämie

- primäre zelluläre Immundefizienz

DD: Beim PG liegen die Immunitätsstörungen wahrscheinlich vorwiegend im humoralen Bereich.

Histr: Historische Therapie mit aus Tonsillen hergestelltem Transferfaktor (1 TF-Einheit = 500.000.000 Leukozyten)

Di: - T-Lymphozytenzahl

Erg: Norm: 72,8% plus/mins 1,8%

Bef: bei Immundefekt vermindert

- Immunelektrophorese

Erg: ggf. Dysgammaglobulinämie mit normaberranten Anteilen von IgA, IgG oder IgM (meist IgA-Gammopathie)

- Tine-Test (ggf. Multitest Mérieux) und Tuberkulinschwelle

Erg: meist negativ

- Lymphozytentransformationstest (LTT)

Meth: blastische Transformation von Lymphozyten nach Phythämagglutinin (PHA)

Erg: Norm: 50-100%

Bef: bei Immundefekt vermindert

Verl: - Hautherde treten gewöhnlich gleichzeitig mit den oralen Läsionen oder später auf.

- meist chronischer Verlauf

- Spontanremission ist möglich

Note: Behandlung der assoziierten chronisch entzündlichen Darmkrankheit kann zur Befundbesserung der kutanen und oralen Läsionen führen; es ist sogar eine rasche Remission nach Kolektomie beschrieben.

EbM: Alle Therapieempfehlungen beruhen auf der Beobachtung von Einzelfällen.

Lit: - JAAD Case Rep. 2022 Jan 6;21:10-13. http://doi.org/10.1016/j.jdcr.2021.11.031

- Dermatol Online J. 2020 May 15;26(5):13030/qt5871q750

Th: - Glukokortikoide

Appl: - systemisch

Bed: GS

- lokal

Ind: insbes. bei Pyostomatitis

Co: Antiseptika

Wirk: Austrocknen der Läsionen

- Antibiotika

Wirk: oft nur bedingtes Ansprechen bei Monotherapie

Stoff: Doxycyclin

Lit: J Dermatolog Treat. 2024 Dec;35(1):2329248. http://doi.org/10.1080/09546634.2024.2329248

- Dapson

- Azathioprin

- Cyclosporin A

Appl: - oral

- lokal

Ind: ggf. bei Pyostomatitis

EbM: CR

- Infliximab

Phar: Bitte registrieren / anmelden

Co: Methotrexat

Lit: Br J Dermatol 2003; 149: 181-4

Ind: Pyostomatitis vegetans assoziiert mit Morbus Crohn

  

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