Scedosporiose
Scedosporiose
Syn: Scedosporium-Mykose, Lomentospora-Infektion, hyalohyphomykotische Infektion
Engl: Scedosporiosis
Def: Infektion durch filamentöse Schimmelpilze der Gattung Scedosporium und Lomentospora mit variabler Lokalisation; kutane und subkutane Manifestationen nach Trauma oder Inokulation sowie disseminierte Formen bei Immunsuppression
Histr: Erstbeschreibung 1911 als Monosporium apiospermum (heute Scedosporium apiospermum); seit den 1980er‑Jahren zunehmende Inzidenz durch Immunsuppression, Transplantationen und Intensivtherapie; 2014 taxonomische Abgrenzung von Lomentospora prolificans
Vork: Ubiquitär in Erde, Abwässern, organischem Material; weltweit verbreitet; gehäuft in warm‑feuchten Klimazonen; Infektionen bei Immunsupprimierten und nach traumatischer Inokulation
Err: Scedosporium apiospermum-Komplex (inkl. S. boydii, S. aurantiacum) und Lomentospora prolificans; filamentöse saprophytäre Pilze mit hoher intrinsischer Resistenz gegen viele Antimykotika
Risk: Immunsuppression (v. a. Neutropenie, Transplantation, Langzeit‑Kortikosteroidtherapie), Trauma, Verbrennungen, Ertrinkungsereignisse ('near drowning'), kontaminierte Wunden, Katheter, chronische Hautdefekte
Inf: Infektion durch traumatische Inokulation (primär kutane Form) oder hämatogene Streuung aus pulmonalem oder sinunasalem Fokus (sekundär kutane Form), seltene nosokomiale Infektionen über Katheter oder Infusionslösungen
Pg: Invasion von Dermis und subkutanem Gewebe durch septierte, hyaline Hyphen; Angioinvasion führt zu Nekrosen und hämatogener Dissemination; granulomatöse und neutrophilenreiche Entzündungsreaktionen bei lokaler Infektion
Etlg: Primär kutane Form (nach Trauma oder Injektion), subkutane Nodulärform, sekundär kutane Form bei Dissemination
KL: Kutane Form: erythematöse, livide oder pustulöse Papeln, Plaques, Knoten oder Ulzera, häufig zentral nekrotisch, teils Ecthyma‑gangraenosum‑ähnlich; subkutane Knoten mit fluktuierender Konsistenz oder ulzerierender Tendenz; disseminierte Form mit multiplen, hämorrhagisch‑nekrotischen Läsionen an Extremitäten und Akren
Lok: Haut an Extremitäten (v. a. Beine, Unterarme, Hände), Gesicht, traumatisierte oder chirurgische Wunden, Kathetereinstichstellen; sekundär kutan bei disseminierter Infektion oft Akren und Stamm betroffen
Di: Histologisch und mikrobiologisch: Nachweis hyaliner, septierter Hyphen (PAS, Grocott) mit Kultur auf Sabouraud‑Agar; molekulare Identifikation (PCR, MALDI‑TOF) zur Speziesbestimmung; Blutkulturen oft negativ
Lab: β‑D‑Glukan häufig positiv, Galaktomannan negativ; Resistenztestung zwingend erforderlich (hohe Resistenzvariabilität zwischen Spezies)
Hi: Dermales und subkutanes Infiltrat mit neutrophilen Granulozyten, teils granulomatöser Reaktion; hyaline, septierte Hyphen mit unregelmäßiger Verzweigung, Angioinvasion möglich; in Kultur schmale, septierte Konidien mit zylindrischen Phialiden
Kopl: Sekundäre bakterielle Superinfektionen, nekrotische Ulzerationen, Dissemination mit Lungen‑, ZNS‑ oder Knocheneinbezug
Ass: Hämatologische Neoplasien, Transplantationen, schwere Neutropenie, Graft‑versus‑Host‑Disease
DD: Fusariose, Aspergillose, Mucormykose, bakterielle Ecthyma‑gangraenosum, Pyoderma gangraenosum, nekrotisierende Vaskulitis
Prog: Abhängig von Immunstatus und Spezies: gute Prognose bei lokaler kutaner Infektion und adäquater Exzision; disseminierte Infektionen mit Lomentospora prolificans haben schlechte Prognose trotz Therapie (Letalität > 70 %)
Th: Kutane, lokalisierte Form: chirurgische Exzision oder Débridement in Kombination mit systemischer Antimykotikatherapie. Bevorzugte Substanzen sind Voriconazol (6 mg/kg i.v. zweimal täglich, danach 4 mg/kg zweimal täglich) oder Isavuconazol (200 mg oral täglich) über mehrere Wochen bis Monate. Bei Lomentospora prolificans ist eine Kombinationstherapie mit Voriconazol + Terbinafin empfohlen (synergistischer Effekt in vitro und klinisch belegt). Liposomales Amphotericin B ist nur gegen Scedosporium apiospermum wirksam, nicht gegen Lomentospora prolificans. Topische Zusatztherapien bei kutanen Läsionen (z. B. Amphotericin‑B‑ oder Voriconazol‑Lösungen) können adjuvant eingesetzt werden. Bei disseminierten oder tiefen Infektionen ist eine Kombination aus chirurgischer Sanierung, systemischer Antimykotikatherapie und Optimierung der Immunlage essenziell. Immunrekonstitution (z. B. G‑CSF, Reduktion immunsuppressiver Therapie) verbessert die Prognose signifikant. Therapiedauer: mindestens 6-12 Wochen, bei persistierender Immunsuppression länger. Engmaschige klinische Kontrolle und mykologische Verlaufskontrollen erforderlich.