Sentinel-Lymphknotendissektion (SLND)
Sentinel-Lymphknotendissektion (SLND)
Syn: Wächterlymphknotenbiopsie, Sentinel-Lymphknoten-Biopsie
Note: Biopsie ist ein Misnomer, da es sich strenggenommen nicht um eine Biopsie, sondern um eine Exstirpation des Lymphknotens handelt
Allg: Das Verfahren ist für klinisch LK-negative Pat. geeignet, die unter Verwendung aller üblichen diagnostischen Verfahren (LK-Palpation, LK-Sonographie) keine Hinweise für manifeste LK-Filiae aufweisen
CV: Bei bereits klinischem Verdacht auf eine stattgefundene LK-Metastasierung reichert die anatomisch zu vermutende LK-Station oft nicht mehr an.
Ind: - Melanom
Eig: - TD des MM von mind. 1 mm (oder mind. 0,75 mm bei nachfolgend genannten Sonderkonditionen)
- histologisch Ulzeration (nicht: Regression)
- erhöhte Mitoserate
- Lebensalter < 40 J.
Aus: desmoplastisches Melanom (keine Indikation für SLND)
Lit: Arch Dermatol 2001; 137: 1217-24
- Anwendung auch bei anderen kutanen Malignomen
Bsp: - Merkel-Zell-Karzinom (MCC)
- ggf. beim Hochrisiko-Plattenepithelkarzinom (SCC)
Bed: Allgemeines zum SLN beim MM:
- Der SLN ist in 60% d. F. Sitz der Erstmetastase.
Note: Danach kommen statistisch die Hautmetastasen mit 15%.
- Der SLN wird nur in < 5% d. F. übersprungen.
- Tumorzellfreiheit im SLN bedeutet i. d. R. Metastasenfreiheit der LK-Region.
CV: Im Kopf-Hals-Gebiet ist der Lymphabfluss mehrdirektional.
- Die rezidivfreie Überlebenszeit korreliert mit dem Status des SLN.
- Methodik ist derzeit v. a. Diagnostikum und prognostischer Marker in Konkurrenz zur Tumordicke oder Ulzeration. Die Signifikanz von Einzelparametern (Länge des größten Tumorzellkonglomerats, Eindringtiefe der Tumorzellen in das LK-Parenchym, Nachweis einer Kapselinfiltration) ist nicht abschließend geklärt.
Meth: Nachfolgend wird das Verfahren exemplarisch für das MM dargestellt:
- Intrakutane Injektion von 99mTc (Technetium-Nanocolloid) in ca. 0,5-cm-Abständen um den Primärtumor bzw. die Exzisionsnarbe
Co: Patentblau
Appl: ca. 20 min vor der OP injiziieren
Neg: - größere Versagerquote (ca. 20% d. F.) als Tc
- trainingsintensivere Technik
- Anfertigung von planen Szintigrammen in zwei Ebenen
- Detektion des SLN mithilfe des Szintigramms und der Gammasonde
- komplettes Aufschneiden des SLN (mind. 4 Schnitte pro Hälfte) mit Färbung nach HE und obligater (aber nicht speziell definierter) Immunhistologie (z.B. S-100, HMB45, Melan-A/MART-1) und ggf. auch RT-PCR (Tyrosinase, MAGE-A3, MART-1)
CV: - HE-Färbungen allein entdecken den SLN in bis zu 12% d. F. nicht.
- Die RT-PCR birgt die Gefahr falsch positiver Resultate (erniedrigte Spezifität)
Urs: Vorkommen von benignen melanozytären Nävi in LK
- ICH mi 5-Hydroxymethylcytosin (5-hmC)
Lit: J Cutan Pathol. 2019 Jan 10. http://doi.org/10.1111/cup.13412
Erg: Die Unterscheidung gutartiger nodaler Nävi vom metastasierten Melanom kann diagnostisch schwierig sein und wichtige klinische Konsequenzen haben. Bei 40/41 metastasierten Melanomen wurde immunhistochemisch ein vollständiger oder partieller Verlust der nuklearen Expression des epigenetischen Markers 5-Hydroxymethylcytosin (5-hmC) bemerkt, wobei alle Fälle von nodalen Nävi eine einheitlich erhaltene nukleare Expression von 5-hmC zeigten.
- Ausmessung des größten Tumordurchmessers der Lymphknotenmetastase als Zahl in Zehntelmillimetern gemäß der Rotterdam-Klassifikation mit expliziten Angaben zu möglicher Kapselinvasion oder Kapseldurchbruch sowie perinodaler Lymphangiosis
- therapeutische Lymphknotenausräumung/radikale Lymphadenektomie
Ind: in Abhängigkeit von der Größe der Mikrometastase
Erg: Etwa 25% aller Pat. mit einem MM der TD > 1 mm (AJCC Stadien II-IV) haben einen positiven SLN; in 90% d. F. handelt es sich um Mikrometastasen, die nur durch die Histologie diagnostiziert werden konnten, nicht jedoch durch andere bildgebende Verfahren wie PET oder Sonographie
Lit: Br J Dermatol 2004; 150: 677-86
Pos: - Detektion von Mikrometastasen
- Ersparnis einer Lymphknotenausräumung bei SLN-negativen Pat.
- Identifizierung/Selektion von Patientengruppen, die von einer adjuvanten Therapie profitieren könnten
- rel. niedrige Komplikationsrate
- nur 1-2% falsch-negative Diagnosen
Neg: - Nebenwirkungen/Komplikationen
- eingeschränkte prognostische Aussagekraft des SLN bei Melanomen im Kopf-Hals-Bereich
Lit: Melanoma Res. 2013 Dec 16. [Epub ahead of print] (Hannover)
- möglicherweise Entfernung von Tumorzellen inkl. immunkompetenter Strukturen, die für die Tumorabwehr Bedeutung haben könnten
- Möglichkeit falsch-positiver Befunde
Urs: - Nävuszellen
Vork: > 13% d. F.
Lok: meist in der Bindegewebskapsel oder in den Trabekeln der Lymphknoten
IHC: i.d.R. negativ für HMB-45
- melaninhaltige Makrophagen oder dendritische Zellen
Lok: - periphere Kapsel
Vork: 93% d. F.
- interne Trabeculae
Vork: 7% d. F.
- Tattoo-Pigment
Lit: Int J Dermatol. 2014 Jun;53(6):773-6