Masern
Masern
Syn: - "fliegende Infektion", Rosolia, erste Infektionskrankheit
- Morbilli
Note: lat. Verkleinerungsform von Morbus, wurde früher verwendet, um Masern von der Pest = Morbus abzugrenzen
Engl: measles
Def: schwere, hochkontagiöse Virusinfektion im Kindesalter mit ausgeprägten Allgemeinsymptomen, die dem typischen makulopapulösen Exanthem und dem pathognomonischen Enanthem vorausgehen
Merk: "Masern sind massiv"
Err: RNA-Paramyxovirus
Eig: - nur 1 Serotyp
- Besonderheit: Virushülle ohne Neuraminidase (Hämagglutinin + Hämolysin vorhanden)
- hohe Kontagiosität und hoher Manifestationsindex
Vork: Durchseuchung fast 100%
Note: Neugeborene besitzen 4-8 Monate mütterlichen Ak-Schutz
Inf: Tröpfcheninfektion (Niesen, Husten)
Note: Wenn das Exanthem die Füße erreicht hat, ist die Ansteckungsgefahr i. d. R. vorbei.
Ink: 10-14 Tage
Pg: Virus dringt in die Zellen des Respirationstrakts ein, vermehrt sich lokal und gelangt in die regionalen Lymphknoten und streut von dort hämatogen in Haut und Schleimhäute
KL: - Prodromalstadium = katarrhalisches Stadium und Enanthemstadium:
Verl: über 3 Tage
KL: - Allgemeinsymptome
- Fieber
Verl: Fieberanstieg meist bis auf 40° und bei nicht erfolgender Therapie typischerweise zweigipfeliger bzw. biphasischer Fieberverlauf, d. h. nach eintägigem Fieberabfall steigt die Temperatur erneut an
- generalisierte Lymphadenopathie
- Konjunktivitis
KL: - Bindehautentzündung bes. am Lidrand (Augen wirken rot umrändert)
- Photophobie
Th: z. B. Vidisic Gel
- Rhinitis
KL: eitriger Schnupfen
- Laryngitis, Tracheobronchitis
KL: bellender Husten
- Enanthem
Vork: dem Exanthem um Tage vorausgehend
Def: Koplik-Flecken der Mundschleimhaut 2
Bef: winzige, kalkspritzerartige weiße Papeln mit rotem Randsaum
Histr: Henry Koplik (1858-1927), Pädiater in New York
Hi: mit Riesenzellen
- makulopapulöses, konfluierendes, rotbraunes Exanthem über 6 Tage 2
Pg: Reaktion zytotoxischer T-Zellen gegen virusbefallene Endothelien
Ass: erneuter Fieberanstieg mit Auftreten des Exanthems
Verl: - retroaurikulärer Beginn
CV: aber nicht der Lymphadenopathie wie bei Röteln
- rasche Ausbreitung über das gesamte Integument (inkl. Palmoplantarflächen) innerhalb von 3 Tagen mit Konfluenz der Effloreszenzen bes. im Gesicht
- bei Abheilung nach 4-6 Tagen: Abblassung bzw. Farbwechsel von rot nach bräunlich
Lab: leichte Leukozytose im Prodromalstadium; Leukopenie im Exanthemstadium (Lymphozytopenie und auch Verringerung der Eosinophilen)
Di: - Serologie: 4facher Titeranstieg von IgM (bei frischer Infektion)
- Kultur: Virusisolierung aus Blut, Harn und Rachenabstrich
DD: - Röteln: Masern und Röteln breiten sich zwar beide kraniokaudal aus, der zeitliche Ablauf ist jedoch bei Röteln schneller (Ausbreitungszeit: nur 1 Tag; Dauer des Exanthemstadiums: nur 3 Tage)
- morbilliformes Exanthem bei infektiöser Mononukleose = Pfeiffersches Drüsenfieber
- Lues (L II) = Kieler Masern
- Rocky-Mountain-spotted-Fieber (Rickettsiosen)
- Dengue-Fieber
Kopl: - "schwarze Masern"
HV: hämorrhagische Masern mit Purpura
Prog: hohe Mortalität
- Masernpemphigoid
Syn: Morbilli vesiculosi/bullosi
Vork: sehr selten
KL: ähnlich der toxisch epidermalen Nekrolyse (TEN)
- Otitis media
Bed: häufigste Komplikation
Pg: durch sekundären bakteriellen Infekt infolge der masernbedingten Immunsuppression
- Masern-Pneumonie
Pg: meist durch sekundären bakteriellen Infekt infolge der masernbedingten Immunsuppression (Ausnahme: s. Sonderform)
Vork: häufig
Th: Antibiotika
Stoff: z. B. Roxithromycin 150 mg 2x1 Tbl.
Ind: bei bakterieller Superinfektion
So: Hecht-Riesenzellpneumonie
Pg: Verschluss der Bronchioluslichtung durch Riesenzellen
- Laryngitis subglottica acuta = Pseudokrupp (nichtdiphtherisch)
CV: Erstickungsgefahr
Th: - Antibiotika (z. B. Ampicillin)
- Glukokortikoide
- Eiskrawatte
- Adrenalin-Spray
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- ggf. nasotracheale Intubation oder Tracheotomie
- Masern-Enzephalitis
Vork: 1/1000
Pa: perivenöse Enzephalomyelitis der weißen Substanz (typische Form der Enzephalitis nach Viruskrankheiten oder Impfungen)
- Thrombozytopenie
- SSPE = subakut sklerosierende Panenzephalitis
Def: Slow-virus-Spätkomplikation der Masern
Err: Virusmutanten mit M-Protein, gegen das keine Ak gebildet wurden
KL: - progrediente Wesensänderung und Demenz
- Myoklonien
- extrapyramidale Symptome
Ink: 1-30 Jahre
Di: - EEG: sog. Rademacher-Komplexe
- Serum: erhöhter Masern-IgG-Titer
Th: - symptomatisch
- Bettruhe und Isolierung
- Immunglobuline
Phar: Bitte registrieren / anmelden
- Antitussiva/Mukolytika
- Antipyretika
- Vitamin A
- Ribavirin
Def: Virustatikum
Lit: Dermatol Clin 2002; 20: 209-15
- antibiotische Behandlung bei sekundär bakteriellen Infekten (Otitis, Pneumonie)
Prop: - aktive Immunisierung mit attenuierter Lebendvakzine
Ind: - Kinder ab dem 15. Lebensmonat, da ansonsten diaplazentar übertragene mütterliche Antikörper das Angehen der Impfmasern verhindern könnten.
- Dringend indiziert ist die Impfung für Kinder mit Fieberkrämpfen, Hirnschäden, Herzfehler, Mukoviszidose, chron. Bronchitis, Tuberkulose, da diese Kinder durch eine manifeste Maserninfektion mehr gefährdet wären als durch die Impfung.
- prophylaktisch bis zu 3 Tage nach Exposition (Impfvirus "schneller" als Wildvirus)
Meth: - z. B. im Rahmen einer MMR-Vakzination gegen Masern, Mumps und Röteln
- Der Masernimpfschutz hält nach einmaliger Impfung mind. 15 Jahre an.
NW: - Impfmasern (15% d. F.): Impfmasern sind kürzer als Wildmasern und haben auch eine kürzere Inkubationszeit, weshalb die Masernschutzimpfung auch als sog. Inkubationsimpfung eingesetzt werden kann, d. h. Impfmasern können noch bis zum 3. Inkubationstag Wildmasern "einholen" und dadurch verhindern.
- Enzephalitis ist als Impfkomplikation extrem selten (1/1.000.000)
- passive Immunisierung
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Appl: i.m.
Ind: bis zu 3 Tagen nach Masernexposition bei Pat. mit hohem Komplikationsrisiko und Schwangeren
Note: auch noch am 6. Tag ist eine Abschwächung des klinischen Verlaufs möglich
Prog: Nach einmal durchgemachter Infektion besteht lebenslange Immunität
Hyp: Sowohl eine durchgemachte Maserninfektion als auch die Masernimpfung im Kindesalter sollen das Risiko für atopische Erkrankungen bei Kindern senken.