Rhinitis allergica (RA)/Rhinokonjunktivitis allergica (RKA)
Rhinitis allergica (RA)/Rhinokonjunktivitis allergica (RKA)
Def: symptomatische Hypersensitivitätsreaktion der Nase, induziert durch eine IgE-vermittelte Entzündung der Nasenschleimhaut infolge Allergenexposition
Vork: Lebenszeitprävalenz von ca. 20%
Man: experimentelle Unterscheidung einer Sofortphase (< 2 h) und Spätphase (2-48 h) nach Allergenkontakt
PPh: - Freisetzung von Histamin, Leukotrienen, Kininen, Th2-assoziierten Zytokinen und Chemokinen
- Expression von Adhäsionsmolekülen und selektive Chemotaxis
- Aktivierung und Differenzierung von Eosinophilen, T- und B-Lymphozyten, Mastzellen, Basophilen sowie von Endothel- und Epithelzellen und Fibroblasten
- Induktion einer lokalen und systemischen Immunantwort
Etlg: - alte Klassifikation
Etlg: - saisonale allergische Rhinitis (SAR)
Syn: Heuschnupfen
Engl: hay fever
- perenniale allergische Rhinitis (s. insbes. Hausstaubmilbensensibilisierung)
- berufsbedingte Form
Neg: Saisonale Allergene können über viele Monate des Jahres persistieren, und perenniale Allergene zeigen teils erhebliche saisonale Konzentrationsschwankungen.
- neue Klassifikation der WHO
Lit: J Allergy Clin Immunol 2001; 108: S147-334
Etlg: - Dauer der Symptomatik
- Intermittierend
Def: < 4 Tage/Woche oder < 4 Wochen
Vork: ca. 2/3 d. F.
- Persistierend
Def: > 4 Tage/Woche oder > 4 Wochen
Vork: ca. 1/3 d. F.
- Schwere der Symptomatik
- Gering
Def: Symptome sind vorhanden, aber nicht oder nur wenig belastend und die Lebensqualität nicht beeinträchtigend.
- mäßig bis schwer
Def: Symptome sind vorhanden und belastend und die Lebensqualität beeinträchtigend (z. B. Schlaf, körperliche und geistige Leistungskraft).
KL: Niesen, Pruritus, wässrige nasale Sekretion und nasale Obstruktion, ggf. Begleitkonjunktivitis
Kopl: Asthma (3,2fach erhöhtes Risiko), Sinusitis, Otitis media, obstruktive Schlafapnoe u. a. Komorbiditäten
Ass: nasale Hyperreaktivität
Def: klinische Symptome (Niesen, nasale Sekretion/Obstruktion) auf unspezifische Reize (z. B. Staub, Duftstoffe, Tabakrauch, Temperaturschwankungen bzw. Verzehr heißer Speisen, körperliche Anstrengung)
Risk: nächtliche gastroösophageale Refluxkrankheit
Lit: Allergy. 2015 Mar 24. http://doi.org/10.1111/all.12615 (Schweden)
CV: Die nasale Hyperreaktivität ist einerseits charakteristisch für die RA, andererseits Kennzeichen der idiopathischen/vasomotorischen Rhinitis (d. h. Assoziation und mögliche Differentialdiagnose)
Di: nasaler Provokationstest mit Histamindihydrochlorid oder Methacholinchlorid
Bed: eingeschränkt aussagekräftig, keine Standardisierung
Th: Ipratropiumbromid
Phar: Bitte registrieren / anmelden
Ind: ab dem 6. Lebensjahr bei allergische und nicht-allergischer Rhinitis
DD: - nasale Hyperreaktivität
- akute virale Rhinopharyngitis
- akute bakterielle Rhinosinusitis
- toxisch irritative Rhinitis (durch Umweltschadstoffe oder Noxenexposition am Arbeitsplatz)
- anderweitig bedingte nasale Obstruktion (z. B. Polypen, Muschelhyperplasie, Septumdeviation)
- Medikamenten-NW (ASS, Neuroleptika, Antidepressiva, ACE-Hemmer, Kontrazeptiva u. a.)
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- SS, Menopaue (hormonelle Umstellungen)
- spezifische infektiöse Entzündungen (z. B. Lues, Tbc, Malleus, Leishmaniose)
Di: - Eigen- und Familienanamnese mit Fragen zur Lebensqualitätseinschränkung sowie Expositions- und Medikamentenanamnese
- anteriore Rhinoskopie
Bef: Schwellungszustand der unteren Muschel, Farbe der Schleimhaut, Sekretion
Altn: Nasenendoskopie
Mat: starres oder flexibles Endoskop
Vor: Abschwellung und Oberflächenanästhesie der Nasenschleimhaut
Pos: - Untersuchung aller Anteile der Nasenhaupthöhle möglich
- Ausschluss von insbes. Polypen, Muschelhyperplasien, Septumdeviation u. a.
- Pricktest, ggf. Intrakutantest (Kutantests, allergologische)
Bed: diagnostischer Standard
- In-vitro-Diagnostik (spezifische IgE und Gesamt-IgE)
- nasaler Provokationstest
Lit: Allergologie 1990; 2: 53-5 und Allergo J 2002; 11: 29-36
Ind: - Klärung der klinischen Relevanz eines möglichen Berufsallergens oder fraglichen Allergens (z. B. divergierende Testergebnisse, fehlender Antikörpernachweis)
- Nachweis einer Sensibilisierung gegen ein Inhalationsallergen ohne anamnestischen Verdacht (insbes. bei persistierender Rhinitis mit möglicher nasaler Hyperreaktivität)
Frag: klinisch stumme Sensibilisierung?
- Sensibilisierungen gegen multiple saisonale Allergen mit gleicher oder sich überschneidender Expositionszeit
- Prüfung des therapeutischen Effekts einer Hyposensibilisierung
Przp: Vergleich der Symptome vor und nach Therapie mit Allergentitration
- Prüfung des Verdachts auf Auslösung einer resorptionsfernen Symptommanifestation nach inhalativer Allergenexposition
- HNO-ärztliche Untersuchung
- ggf. Computertomografie der NNH
So: lokale allergische Rhinitis
Di: negativer Prick-Test, negatives spezifisches IgE im Bluttest, positiver nasaler Provokationstest
Note: Auch bei der lokalen allergischen Rhinitis scheint die SIT wirksam zu sein.
Lit: Allergy. 2016 Jul;71(7):1057-61 (Spanien)
PT: RCT
AG: D. pteronyssinus
Prop: Vitamin D-Supplementierung in der Schwangerschaft und frühen Kindheit
Lit: Allergy. 2016 Sep;71(9):1325-34 (USA)
PT: RCT
Erg: Reduktion der Sensibilisierungsrate gegenüber Aeroallergenen
Th: - kausal
Meth: - Allergenkarenz
AG: - Pollen
- Beschwerdekalender führen, Urlaube (z. B. an der Nordsee) zur Hauptbeschwerdezeit
- Pollenwarnungen beachten bei Freizeitaktivitäten
- Haare waschen vor dem Schlafengehen
- Schlafen bei geschlossenem Fenster
- Nasendusche mit z. B. Emser-Salz®
- Pollenfilter
- Hausstaubmilbe
- Tierepithelien
- Abschaffung der Tiere (insbes. bei Katzenhaarallergie)
- häufige Reinigung der Teppiche und Polster von Tierhaaren
- regelmäßiges Waschen der Tiere
- Schimmelpilze
- Beachtung einer guten Luftzirkulation der gesamten Wohnung, auch in Nassbereichen
- regelmäßiges Lüften der Wohnung, insbes. im Winter
- Wärmeisolierung der Außenwand
- Hyposensibilisierung
Vor: bei polyvalenter Sensibilisierung ggf. vorab nasaler (ggf. auch konjunktivaler) Provokationstest zur Identifizierung des beschwerdeführenden Allergens
- Omalizumab
Syn: Anti-IgE = rhuMAb-E25
Phar: Bitte registrieren / anmelden
Def: monoklonaler Antikörper gegen IgE (r = recombinant, h = human, M = monoclonal, Ab = antibody)
Wirk: Bindung an den spezifischen Fc-epsilon-Abschnitt von zirkulierendem IgE, das normalerweise an den hochaffinen IgE-Rezeptor, Fc epsilonRI, auf Mastzellen und Basophilen bindet
Ind: saisonale und perenniale RA
Lit: - Ann Allergy Asthma Immunol 2003; 91: 160-7
PT: RCT
Ind: Perenniale RA
Dos: mind. 0,016 mg/kg/IgE [I.E./ml] alle 4 Wochen über 16 Wochen
- Allergy 2004; 59: 973-9
PT: RCT
Ind: kosaisonale Applikation nach präsaisonaler spezifischer Immuntherapie bei Rhinokonjunktivitis gegen Gräserpollen
Dos: mind. 0,016 mg/kg/IgE [I.E./ml] alle 4 Wochen
- Allergy 2004; 59: 709-17
PT: RCT
Dos: mind. 0,016 mg/kg/IgE [I.E./ml] alle 4 Wochen über 28 Wochen
Wirk: Verhinderung von Asthma-Exazerbationen
Mat: Hilfsmittel:
- Atemschutzmasken
Bsp: 3M Atemschutzmaske 1861+ ohne Ventil FFP1
- Pollenfilter
Bsp: Philips Luftreiniger AC4072/11 mit HEPA-Kombifilter für Wohnung und Büro (ECARF-Siegel)
- symptomatisch
Etlg: - topische Therapie
- nichtpharmakologische topische Therapien
Bsp: - isotone Salzlösungen oder Nasenduschen
- pflegende Externa bei gereizter, verkrusteter Nasenschleimhaut
OTC: GeloSitin® Nasenpflege (Fa. Pohl-Boskamp)
Inh: Sesamöl, Cetiol CC, Orangenöl, Citronenöl, Antioxidantiengemisch
- Ectoin-haltige Augentropfen und Nasensprays
OTC: Ectoin® Allergy Eye Drops 2%, Ectoin® Allergy Nasenspray 2%, SOS® Allergie-Augentropfen, SOS® Allergie-Nasenspray
- liposomale Nasensprays
- Zellulosespray
- Alpha-Adrenorezeptor-Agonisten/Sympathomimetika
Syn: Dekongestiva
Stoff: - Oxymetazolin
OTC: Nasivin®
- Xylometazolin
OTC: Otriven®
Ind: kurzfristig bei starker Okklusion und insbes. vor z. B. Inhalationen/Nasendusche
Lit: J Allergy Clin Immunol. 2011 Apr;127(4):927-34
PT: RCT
Erg: Überlegenheit der Kombinationstherapie von Oxymetazolin plus Fluticason
- intranasale Glukokortikoide
Bed: GS
Co: insbes. mit oralen Antihistaminika
Stoff: Auswahl
- Mometason
OTC: Momekort® Nasenspray
Phar: Bitte registrieren / anmelden
Co: Olopatadin (Antihistaminikum)
Phar: Bitte registrieren / anmelden
EbM: MA (Evidenzlevel 1a)
- Fluticason
Phar: Bitte registrieren / anmelden
- Triamcinolonacetonid
Phar: Bitte registrieren / anmelden
- Budesonid
Wirk: Wirkungseintritt nach 1-2 Wochen
- topische Antihistaminika
Stoff: - Levocabastin
OTC: Livocab® Nasenspray
- Azelastin
OTC: Azedil® Nasenspray/Augentropfen, Allergodil® Nasenspray, Azela-Vision® sine (unkonservierte Einzeldosen), Azela-Vision® MD sine (6 ml Tropfen-System, unkonserviert)
- Antazolin
Co: Tetryzolin® (Vasokonstriktor, Alpha-Sympathomimetikum)
- topische Cromone
Appl: 4x/Tag
Note: Cromone werden nach oraler Gabe praktisch nicht resorbiert.
Bed: weniger wirksam als topische Glukokortikoide oder Antihistaminika
Stoff: - Cromoglicinsäure (DNCG)
OTC: Alerg® Nasenspray, Allergocrom® Nasenspray, Allergo-COMOD® Nasenspray, CromoHEXAL® Nasenspray, Cromo-ratiopharm® Nasenspray, Vividrin® Nasenspray u. a.
- Nedocromil
Pos: nur 2x/Tag zu applizieren
OTC: Irtan® Nasenspray/Augentropfen
- systemische Therapie
- orale Antihistaminika
Lit: Auswahl von RCT:
- J Investig Allergol Clin Immunol 2004; 14: 56-63
Erg: Ebastin 20 mg/Tag für 4 Wochen bei SAR zeigte bessere Effektivität als Loratadin 10 mg/Tag.
- Ann Allergy Asthma Immunol 2003; 91: 354-61
Erg: Fexofenadin 180 mg/Tag über 2 Wochen erzielte vergleichbare Wirksamkeit zu Cetirizin 10 mg/Tag, jedoch signifikant weniger Schläfrigkeit bei Pat.
- Ann Allergy Asthma Immunol 2002; 89: 304-10
Erg: Mizolastin 10 mg/Tag über 28 Tage zeigte höhere Wirksamkeit bei Pat. mit perennialer allergischer Rhinitis als Plazebo und als Loratadin 10 mg/Tag nach 2 Wochen
- Allergy 2008; 63: 924-31
Erg: Rupatadin zeigt sich Cetiricin bei 12wöchiger Gabe bei Pat. mit persistierender allergischer Rhinitis überlegen.
Co: Pseudoephedrin
Phar: Bitte registrieren / anmelden
- Montelukast
Def: Leukotrienrezeptorantagonist
Lit: - Ann Allergy Asthma Immunol 2003; 90: 214-22
- Allergy 2003; 58: 1268-76; J Investig Allergol Clin Immunol 2008; 18: 334-9
PT: RCT
Dos: 10 mg/Tag
- Glukokortikoide
Dos: niedrig dosiert, ggf. auf 2 Tagesdosen verteilt
- Vitamin-E-Supplementation
Lit: Ann Allergy Asthma Immunol 2004; 92: 654-8
Bed: umstritten
- Wurzelextrakte des mongolischen Tragant (Astraglaus membranaceus)
Lit: Phytother Res 2012; 24: 175-81
OTC: Allvent®
- zellfreie Lösung aus lysierten Escherichia coli, Stamm Laves
OTC: Synerga®
Co: Lactobiogen®
- Schwarzkümmelöl
Bed: empirisch
So: - Akupunktur
Lit: Ann Allergy Asthma Immunol 2008; 101: 535-43, Ann Allergy Asthma Immunol. 2015 Jun 11. pii: S1081-1206(15)00342-7
PT: RCT
- videoendoskopische Diodenlaser-Chirurgie
Lit: Lasers Med Sci. 2011 Jan;26(1):57-67
- nasale CO2-Applikation
Lit: Ann Allergy Asthma Immunol. 2011 Oct;107(4):364-70.
PT: RCT
- Rhinophototherapie
Lit: Eur Ann Allergy Clin Immunol. 2019 Oct 8. http://doi.org/10.23822/EurAnnACI.1764-1489.111